WALDECK-FRANKENBERG. An fünf Tagen im September dieses Jahres konnten die Feuerwehren aus den Landkreisen Waldeck-Frankenberg ihr Wissen an einem umgestürzten Steuerwagen der Deutschen Bahn in Kassel vertiefen und sich dem Thema technische Hilfeleistung bei Bahnunfällen widmen.
An drei Objekten der Kurhessenbahn im Rangierbahnhof Kassel haben etwa 250 Feuerwehrleute und 20 Einsatzkräfte des THW ihr Können unter Beweis gestellt und weitere interessante Details erfahren. Vorarbeiten hatten die Initiatoren Dirk Gernand vom THW Korbach und der Notfallmanager der Deutschen Bahn Markus Bähr bereits organisiert. Drei Vt 628 der Kurhessenbahn sollten vor Ort verschrottet werden, daher hatten Gernand und Bähr die Gelegenheit genutzt um allen Feuerwehren im Zuständigkeitsbereich der Strecken in den Landkreisen Waldeck-Frankenberg, Schwalm-Eder und Kassel die Möglichkeit zu geben, an den verschiedenen Objekten Unfallszenarien zu üben.
Am Sonntag, 29. August begann das THW Korbach damit, einen der Steuerwagen vom Motorwagen zu trennen und 20 Meter vorzuziehen. Anschließend wurde der Steuerwagen angehoben und neben der Schiene auf Holzklötzen abgesetzt. Im weiteren Verlauf konnte der Steuerwagen mit Hebekissen und Seilwinden kontrolliert auf die Seite gelegt werden, um an den Folgetagen den Feuerwehren ein Unfallszenario zu bieten, an dem eine Personenrettung nach oben aus dem umgestürzten Fahrzeug geübt werden kann. Im weiteren Verlauf legte das THW weitere zwei Triebwagen auf die Seite.
Verletzte Person aus Zug retten
Jede Wehr hatte zweieinhalb Stunden Zeit die verschiedene Unfallszenarien durchzuspielen. An allen Tagen stand den Feuerwehren Aufgleisleiter Dirk Gernand vom THW Korbach und Notfallmanager Markus Bähr für Fragen zur Verfügung und gaben den Einsatzkräften Informationen und Sicherheitshinweise während des Übungsverlaufs. In jeweils zwei Gruppen geteilt, machte sich die erste Gruppe mit dem umgestürzten Steuerwagen vertraut und versuchten eine verletzte Person aus dem Inneren des Zuges zu bergen. Dazu mussten sie sich erst einmal Zutritt zum Fahrzeug durch die jetzt oben liegende Tür verschaffen, anschließend in das Fahrzeug eindringen, die verletzte Person bergen und auf demselben Weg wie sie hineinkamen wieder aus dem Fahrzeug sicher hinausbringen. Was sich bei Actionfilmen immer mühelos darstellt, trieb den Einsatzkräften den Schweiß aus den Poren.
Eindringen in Schienenfahrzeuge
Die zweite Gruppe übte an den anderen Vt 628 das Eindringen in Schienenfahrzeuge. Sie versuchten die Türen und Fenster mit den verschiedensten Hilfsmitteln zu öffnen und sich Zugang mit schwerem Gerät durch die Außenhaut der Vt`s zu verschaffen. Es wurden dabei die verschiedensten Einsatzgeräte ausprobiert, um herauszufinden welches Gerät für welche Zwecke geeignet ist oder eben nicht. Unter anderem wies Gernand darauf hin, dass beim Einsatz eines Trennschleifers beim Zerschneiden von Fenstern Glasstaub entsteht, der von Einsatzkräften und zu rettenden Person zwar eingeatmet wird, dieser die Lungen aber nicht mehr verlässt. Es kann daher zu erheblichen Gesundheitsschäden kommen.
Die erworbenen Kenntnisse werden den Feuerwehren bei ihren nächsten Einsätzen helfen, das jeweils beste Einsatzgerät für den jeweiligen Einsatzfall auszuwählen. Zur Halbzeit tauschten die Gruppen die Unfallszenarien, sodass alle Beteiligten an beiden Stationen üben konnten. Insgesamt, so Dirk Gernand, waren drei Jahre Vorbereitungszeit und 100 Arbeitsstunden nötig, um diese Sonderübung umsetzten zu können.