MARSBERG. Zwei Brandereignisse und eine Strommangellage - in der Nacht zum 9. Februar 2023 war die Feuerwehr der Stadt Marsberg mit einem Großschadensereignis konfrontiert. Und nicht nur die - auch Hilfsorganisationen, das THW, die Polizei sowie der Stab für außergewöhnliche Ereignisse waren gefordert.
Gegen 1 Uhr in der Nacht gab es nahezu zeitgleich zwei Brandeinsätze für die Feuerwehren in Essentho und Marsberg. In Marsberg war ein Trafobrand in einem Umspannwerk gemeldet, in Essentho kam es zu einem Großbrand in einem Industriebetrieb. Zeitgleich waren neben der Kernstadt fünf Ortsteile im Stadtgebiet ohne Strom. Um die Brände zu bekämpfen und gleichzeitig Vorkehrungen gegen den Stromausfall zu treffen, wurden der Führungsstab der Feuerwehr und der Stab für außergewöhnliche Ereignisse der Stadt Marsberg ins Rathaus einbestellt, um von dort die Maßnahmen zu koordinieren.
Die Brandbekämpfungen in Marsberg und Essentho wurden direkt eingeleitet. Beim Umspannwerk in Marsberg waren etwa 30 Einsatzkräfte aus Marsberg und Westheim im Einsatz. Ein technischer Defekt an einer Trafostation war die vermutliche Ursache. Der stellvertretende Wehrleiter Michael Hüwel leitete diesen Einsatzabschnitt, der schnell abgearbeitet werden konnte.
In Essentho waren über 70 Einsatzkräfte aus Marsberg, Essentho, Meerhof, Oesdorf, Obermarsberg sowie aus Fürstenberg im Einsatz. Diesen Einsatzabschnitt leitete Florian Meise aus Oesdorf. Hier waren die Einsatzkräfte mit dem Austritt von 10 Tonnen heißer Glasschmelze konfrontiert. Insgesamt gingen zwölf Trupps unter Atemschutz und Hitzeschutz vor, um die Schmelze zu kühlen und die Ausbreitung zu verhindern. Ferner mussten mehrere Brandherde im Betrieb abgelöscht werden, die aufgrund des Austritts der Glasschmelze entstanden waren. Der Brand war schnell unter Kontrolle gebracht, gegen 6 Uhr konnte mit dem Rückbau des Löschangriffs begonnen werden. Bis in den Nachmittag blieb eine Brandsicherheitswache vor Ort.
Besonders herausfordernd war für die Feuerwehr der Stromausfall und die davon betroffene kritische Infrastruktur mit drei Altenheimen und einem Krankenhaus sowie den psychiatrischen Kliniken. Auch das Mobilfunknetz war zeitweise nur sehr eingeschränkt nutzbar. Da der Energieversorger keine stabile Stromversorgung bis zum Tagesanbruch garantieren konnte, erfolgten umfangreiche Maßnahmen hinsichtlich einer drohenden Strommangellage. So wurden alle Einheiten der Feuerwehr Marsberg alarmiert, um die Gerätehäuser im Stadtgebiet zu besetzen. Damit wurde der Grundschutz im Stadtgebiet sichergestellt. Ebenso sollten die Gerätehäuser als Anlaufstelle für die Bevölkerung dienen. Einsatzkräfte aus Bredelar und Giershagen unternahmen Erkundungsfahrten im Stadtgebiet, vor allem die Altenheime wurden aufgesucht und das Personal über die drohende Strommangellage unterrichtet. In Essentho wurde die Schützenhalle zur Nutzung als Wärmehalle vorbereitet. Hier sollten Einsatzkräfte aus Erlinghausen alles Notwendige koordinieren.
Derartige Maßnahmen konnten natürlich nicht ohne den Einsatz weiterer Einsatzkräfte erfolgen. Diese wurden aus den vorgeplanten kreis- und landesweiten Schutzkonzepten hinzugezogen. Die Feuerwehren aus Brilon und Fürstenberg stellten Einsatzleitwagen und weitere Fahrzeuge, Geräte und Personal zur Verfügung. Seitens des Hochsauerlandkreises wurde der Fernmeldedienst aus Arnsberg angefordert, auch der stellvertretende Kreisbrandmeister Uwe Schwarz kam zum Rathaus nach Marsberg. Das Deutsche Rote Kreuz bereitete den Aufbau einer Betreuungs- und Versorgungseinheit vor, einmal in Essentho und auch in einem Gebäude der LWL-Kliniken. Hierhin konnten im Ernstfall beatmungspflichtige Patienten gebracht werden, dies war aber glücklicherweise nicht notwendig.
Im Gerätehaus Marsberg richtete das DRK eine Versorgungsstelle für die Einsatzkräfte ein. Über den HSK und das Technische Hilfswerk wurden Notstromaggregate nach Marsberg und Essentho gebracht. Diese kamen unter anderem aus Soest und Paderborn. Auch die zuständigen Energieversorger konnten Stromerzeuger nach Marsberg schaffen, um schnell das Stromnetz zu stabilisieren. Das Digitalfunknetz für Feuerwehr und Rettungsdienst benötigte zeitweise ebenfalls eine Notstromversorgung.
Bereits in der Nacht begannen am Umspannwerk in Marsberg Bauarbeiten, um den Schaden zunächst provisorisch zu beheben. Ebenso kamen Fachberater von THW und DRK nach Marsberg. Um die große Zahl an Einsatzkräften zu führen und zu koordinieren, nahm der Führungsstab der Feuerwehr Marsberg bereits gegen 2 Uhr die Arbeit im Rathaus in Marsberg auf. Dieser wurde vom Leiter der Feuerwehr, Cyrill Stute, geleitet. Er fungierte auch als Einsatzleiter seitens der Feuerwehr. Auch der städtische Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) wurde einberufen - dieser wurde von Bürgermeister Thomas Schröder geleitet. Der SAE kümmerte sich unter anderem um die Zusammenarbeit mit Kliniken und Energieversorgern und die Warnung der Bevölkerung. Gegen 5 Uhr wurde über mobile Warnsysteme sowie soziale und lokale Medien eine Warnung an die Bevölkerung herausgegeben. Die Schließung der Schulen war dem Umstand geschuldet, dass keine stabile Stromversorgung garantiert war und nicht absehbar war, wie sich die momentan vorhandene Stromversorgung zu Tagesanbruch entwickeln würde.
Gegen 6 Uhr beruhigte sich die Lage wieder, es kam zu keinen weiteren Stromausfällen, die Privathaushalte waren überwiegend versorgt. Allerdings konnten nicht alle Industriebetriebe mit Strom versorgt werden, sofern erforderlich wurden Notstrom-Versorgungen durch das THW organisiert. Durch regelmäßige Lagebesprechungen im Rathaus blieben alle beteiligten Institutionen über die aktuelle Lage auf dem Laufenden. Besonders effektiv gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den Energieversorgern, die zügig mit dem Wiederherstellen einer stabilen Versorgung begannen und diese für die Abendstunden des laufenden Tages in Aussicht stellten. Seitens der Feuerwehr waren zwischenzeitlich etwa 180 Einsatzkräfte im Einsatz, zuzüglich der Kräfte von DRK und THW beziffert sich die Zahl an Einsatzkräften auf etwa 230.
Gegen 7.30 Uhr war noch knapp die Hälfte der Kräfte im Einsatz. Die Einsatzleitung der Feuerwehr blieb noch etwa bis 10.30 Uhr bestehen, ehe der weitere Fortgang der Maßnahmen an den Stab der Stadt Marsberg übergeben wurde. Verletzte gab es seitens der Feuerwehr keine, vier Mitarbeiter des Industriebetriebs erlitten jedoch Verletzungen im Rahmen des Brandes. Drei von ihnen wurden wegen einer Rauchgasvergiftung behandelt. Insgesamt konnte die Feuerwehr ein überaus positives Fazit hinsichtlich der Arbeit an den Einsatzstellen und im Führungsstab ziehen. Eine derartige große Einsatzlage war in Marsberg bislang noch nicht eingetreten und war somit für die meisten Beteiligten eine neuartige Herausforderung. Die Kriminalpolizei hat bereits in den Nachtstunden Ermittlungen aufgenommen.
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