Einbruchserie: Mutige Zeugin teilt Belohnung

Dienstag, 11. Dezember 2012 13:10 geschrieben von  Migration

KORBACH. Eine beispiellose Einbruchserie sorgte vor gut einem Jahr unter Einwohnern und Geschäftsleuten der Kreisstadt für Angst und Schrecken. Durch den entscheidenden Hinweis einer aufmerksamen Zeugin gelang es der Polizei, einen für 24 Taten verantwortlichen Einzeltäter festzunehmen. Die damals ausgelobte Belohnung von 2000 Euro nahm die Korbacherin Petra Hendrich am Dienstag im Rathaus entgegen.

"Es war für mich selbstverständlich", sagte die 42-Jährige vor Vertretern von Stadt, Landkreis und Polizei. Angst habe sie nicht gehabt, als sie den Täter am späten Abend des 1. Februar 2012 an der verschlossenen Eingangstür eines Asia-Imbisses in der Prof.-Bier-Straße hantieren sah und sofort ansprach. "Er war mehr erschreckt als ich", berichtet die Korbacherin. Der Täter habe sich aufgerichtet, ihr gesagt, sie solle nach Hause gehen, und sei dann selbst im Dunkel der Nacht verschwunden. Per Notruf verständigte die Zeugin sofort die Polizei, wenig später traf eine Streife ein. Während der Einbruchsserie, die von November 2011 bis Anfang Februar 2012 andauerte, war die Polizei mit zahlreichen Kräften, auch von der Bereitschaftspolizei im Einsatz. "Teilweise waren pro Nacht 20 Kräfte zusätzlich im Einsatz", sagte Polizeisprecher Volker König, ohne auf Details der Polizeiarbeit einzugehen.

Täter fällt zuvor in Kneipe unangenehm auf: Auf Teppich gespuckt
Dass die Polizei den 21-jährigen Korbacher kurze Zeit später festzunehmen vermochte, hatten die Ermittler aber nicht der eigentlichen Beobachtung von Petra Hendrich zu verdanken: Die Korbacherin erinnerte sich nämlich, dass der mutmaßliche Einbrecher zuvor die Kneipe "Kö" besucht hatte und dort unangenehm aufgefallen war. "Er spuckte beim Verlassen auf den fast neuen Teppich", sagt die Zeugin, die in der benachbarten Gaststätte "Alter Simpel" arbeitet. Sie sei nach ihrer Beobachtung zurück in die Kneipe gegangen und habe ihre Kollegin Jule Hense nach dem Namen des Mannes gefragt. "Sie kann sich hervorragend Details merken und wusste den Namen noch. Dann habe ich sofort wieder bei der Polizei angerufen und sie informiert". Wenig später klickten die Handschellen. Der junge Mann sei wegen ähnlicher Delikte bereits polizeibekannt gewesen, erklärte am Dienstag Günter Mehler von der Ermittlungsgruppe der Korbacher Polizeistation. Er leitete seinerzeit mit seinem Kollegen Ralf Wetzel die wegen der Einbruchserie gegründete Arbeitsgruppe "Kilian". Mittlerweile sitzt der 21-Jährige hinter Gittern, nachdem das Korbacher Jugendschöffengericht den Täter in nichtöffentlicher Verhandlung zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt hatte.

"Wir wollen heute einfach mal Dankeschön sagen", meinte der Korbacher Bürgermeister Klaus Friedrich in einer Feierstunde im Rathaus. Die Belohnung von 2000 Euro seien "kein Geschenk, sondern eine verdiente Belohnung", sagte der Rathauschef. Der wegen vieler Einbrüche in Schulen von der Serie besonders betroffene Landkreis hatte seinerzeit Geld zur Verfügung gestellt, ebenso die Stadt und ein Korbacher Unternehmer. Friedrich, der die Arbeit der Polizei ausdrücklich lobte, machte in der Feierstunde deutlich, dass die Ermittlungen oft von Zeugenhinweisen abhängig seien. Und Petra Hendrich sei "zur richtigen Zeit am richten Ort gewesen und hat sich genau richtig verhalten", unterstrich Friedrich. Ihr vorbildliches Verhalten solle anderen Menschen ein positives Beispiel sein, sagte der Bürgermeister. Erster Kreisbeigeordneter Jens Deutschendorf brachte es auf den Punkt: "Sie sind ein Vorbild".

Polizeichef: "Das ist etwas ganz Besonderes"
Polizeidirektor Hubertus Hannappel sagte, dass die Bitte der Polizei um Zeugenhinweise etwas ganz Alltägliches sei. Dass jedoch in einer solch beispiellosen Verbrechensserie der Hinweis einer einzelnen Zeugin zum Erfolg der Ermittler führe, sei etwas ganz Besonderes. Petra Hendrich habe mit ihren Mitteilungen dazu beigetragen, dass wochenlange Ermittlungen zu einem glücklichen Ende geführt haben. Der Polizeichef, der - zufällig - kurz nach Beginn der Einbruchserie die Leitung der Polizeidirektion in Waldeck-Frankenberg übernommen hatte, sprach im Rückblick von einer großen Herausforderung. Es sei ein Kraftakt gewesen, den seine Kollegen bewältigt hätten.

Neben der Festnahme des 21-Jährigen gelang der Polizei noch die Verhaftung dreier weiterer Täter. Diese seien in wechselnder Besetzung für etwa 80 weitere Einbrüche in Korbach verantwortlich gewesen und auf frischer Tat von Polizeibeamten ertappt und festgenommen worden. Das Trio wartet noch auf seine Gerichtsverhandlung. Der bereits schuldig gesprochene 21-Jährige fasst seine Verurteilung zu einer Haftstrafe nach den Worten Günter Mehlers als Chance auf. "Er absolviert im Gefängnis eine Berufsausbildung", sagte der stellvertretende Leiter der Ermittlungsgruppe.

Von Geld erst ins Musical, dann zum Einkaufen
"Wir wollen mit der öffentlichen Übergabe der Belohnung zeigen, dass sich Zivilcourage lohnt", sagte am Dienstagmittag Polizeisprecher König. Auch wenn man generell nicht an Straftäter herantreten solle, habe Petra Hendrich mit ihrem Handeln alles richtig gemacht. Sie beeindruckte aber nicht nur durch ihre Zivilcourage, sondern auch durch ihre Entscheidung, die Belohnung mit ihrer Kollegin zu teilen. "Ohne Jule hätte ich den Namen des Täters nicht nennen können". Daher sei es für sie selbstverständlich, die Hälfte der Summe abzugeben. Ausgeben wollen die Frauen das Geld jedoch gemeinsam, wie die 42-Jährige gegenüber 112-magazin.de sagte: "Wir fahren zusammen nach Hamburg ins Musical 'König der Löwen' und gehen anschließend ausgiebig shoppen", erklärte die Korbacherin. An dem Wochenende müssen sich die Verbrecher in der Hansestadt auf jeden Fall in Acht nehmen...

Zuletzt bearbeitet am Dienstag, 11. Dezember 2012 21:06

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