BAD WILDUNGEN. Zwei Kinder sind aus einem brennenden Haus gesprungen. Passanten fingen sie auf und retteten damit ihr Leben. Dramatische Rettungsszenen spielten sich am Dienstagnachmittag in der Bad Wildunger Altstadt ab. Mehrere Passanten bemerkten gegen 14.25 Uhr dichte Rauchentwicklung aus dem Dachstuhl des ehemaligen Schuhhauses Wiegand. "Dann haben wir die schreienden Kinder auf dem Balkon gesehen", berichtete ein Passant. Gemeinsam mit anderen Männern spannte der Bad Wildunger einen gummierten Fußabtreter unter dem Freisitz auf, in den die beiden Kinder aus rund acht Metern Höhe sprangen.
"Wir haben sie regelrecht angeschrien, dass sie springen sollen, denn das Feuer hatte ihnen den Rückweg ins Haus versperrt", sagte der Lebensretter. Mit schweren Brandverletzungen am Rücken kam das elf Jahre alte Mädchen davon, der vierjährige Junge blieb ohne sichtbare Blessuren. Später entschuldigte sich der städtische Mitarbeiter und Lebensretter beim Bürgermeister sogar noch dafür, dass er zu spät zur Arbeit kommen würde.
Ein weiterer Hausbewohner verdankt der Bad Wildunger Feuerwehr sein Leben. Bis zum Eintreffen der Drehleiter saß der Mann in seiner Wohnung fest, Flammen und dichter Rauch im Treppenhaus hatten ihm den Weg ins Freie versperrt. Er wollte zur Arbeit, reagierte aber richtig, schloss die Wohnungstür, lief ans Fenster und rief um Hilfe. Aus einem Fenster an der Giebelseite des Hauses wurde der Mann schließlich von den Einsatzkräften gerettet.
Rund 45 Minuten brauchten die Brandschützer unter der Leitung von Stadtbrandinspektor Udo Paul, bis sie das Feuer unter Kontrolle hatten. Paul hatte zur Verstärkung eine weitere Drehleiter und ein Großtanklöschfahrzeug aus Fritzlar angefordert, denn die Flammen hatten bereits auf das Dachgeschoss des benachbarten Hauses übergegriffen.
Die Helfer verhinderten mit vereinten Kräften ein weiteres Ausbreiten der Flammen. Keine einfache Aufgabe: Unter schweren Atemschutz durchsuchten die Wildunger Feuerwehrleute das Haus nach möglichen weiterten Verletzten, fanden aber niemanden mehr. Laut Polizei sind in dem Haus acht Personen gemeldet - eine Familie und drei Alleinstehende. Bürgermeister Volker Zimmermannn war rasch vor Ort und organisierte mit seinen Mitarbeitern für die Bewohner Unterkünfte, falls sie nicht bei Verwandten oder Bekannten unterkommen können.
Nach Angaben von Stadtbrandinspektor Udo Paul waren gestern rund 60 Feuerwehrfrauen und -männer aus Bad Wildungen und Fritzlar im Einsatz. Sie rückten mit elf Fahrzeugen an, darunter die beiden Drehleitern aus Fritzlar und Bad Wildungen. Die Wildunger Fahrzeuge gelangten über den Postplatz und die Fußgängerzone zum Brandort, die später eintreffende Verstärkung aus Fritzlar hatte zunächst Schwierigkeiten, über die Hinterstraße ihr Einsatziel zu erreichen. Grund waren falsch geparkte Autos, die die Durchfahrt erschwerten. Außerdem waren zwei Notarztwagen und der Kasseler Rettungshubschrauber Christoph 7 im Einsatz. Der Hubschrauber landete auf dem Hof des Wildunger Feuerwehrstützpunktes. Die verletzten Kinder sind in Kasseler Kliniken eingeliefert worden.
Das Haus ist unbewohnbar, die Kripo hat die Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen. Nach ersten Informationen der Pressestelle der Polizei beläuft sich der Schaden auf mindestens 200.000 bis 250.000 Euro.