Arolser Hofbibliothek: Staatsanwalt klagt Bücherdieb an

Samstag, 08. Juni 2013 17:00 geschrieben von  Migration

BAD AROLSEN/KORBACH. Der ehemalige Mitarbeiter des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, der 2012 mit dem Diebstahl tausender historischer und teils sehr wertvoller Bücher in Bad Arolsen und anderswo überregional für Schlagzeilen sorgte, ist von der Staatsanwaltschaft Kassel angeklagt worden. Der Vorwurf gegen den Mann, der an diesem Samstag 47 Jahre alt wurde, lautet auf besonders schweren Fall des Diebstahls.

Das teilte Dr. Götz Wied, Sprecher der Kasseler Staatsanwaltschaft, auf Anfrage von 112-magazin.de mit. Dem Wissenschaftler sei die Anklage kürzlich zugestellt worden. Ein Termin für die Hauptverhandlung vor dem Korbacher Amtsgericht steht laut Wied derzeit noch nicht fest. Gegenstand des aktuellen Verfahrens ist ausschließlich der Diebstahl von 180 Werken aus der Fürstlich Waldeckischen Hofbibliothek im Gesamtwert von 150.000 Euro. Der 47-Jährige soll insgesamt mehr als 15.000 Bücher sowie etwa 3000 paläontologische Exponate gestohlen haben. Warum aktuell nur die Bad Arolser Fälle angeklagt sind, wusste der Sprecher der Behörde nicht.

Bei Durchsuchung rund 24.000 Bücher sichergestellt
Die Taten verübte der Mann in den Sammlungen, in denen er als Mitarbeiter des Wissenschaftsministeriums ein und aus ging. Beamte der Korbacher Kripo nahmen den Wissenschaftler im Februar vergangenen Jahres in Bad Arolsen fest, nachdem er am Hofe zugeschlagen hatte. Bei der Durchsuchung des Wohnhauses in Darmstadt fand die Polizei rund 24.000 Bücher - ein Teil davon ist aber das tatsächliche Eigentum des Beschuldigten. Er befindet sich derzeit auf freiem Fuß. Ihm droht bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und zehn Jahren. Der Straftatbestand des besonders schweren Diebstahls sei nicht erfüllt, weil der Mann seine berufliche Position für die Taten ausnutzte, sondern weil die gestohlenen Werke eine hohe wissenschaftliche Bedeutung hätten, erklärte der Sprecher.

Viel Arbeit für die Korbacher Kripo
Die Korbacher Kripo, die mit der Festnahme des damals 45-Jährigen in Bad Arolsen die Zuständigkeit für das Verfahren gegen den Mann übernahm, ist noch immer mit dem Fall beschäftigt, wie Kommissariatsleiter Jürgen Wilke in dieser Woche auf Nachfrage mitteilte. Bei der Kripo sind derzeit noch etwa 2000 Bücher eingelagert, die man bislang keinem Besitzer habe zuordnen können. Bei einigen Werken stehen ausländische Institute in Polen, Ungarn, Schweden, den Niederlanden oder den Vereinigten Staaten zwar als Eigentümer fest, die Rückführung scheitere jedoch an den Kosten oder gar an zollrechtlichen Bestimmungen.

"Wir warten jetzt darauf, dass die Staatsanwaltschaft eine Entscheidung trifft", sagte der beim K20 für den Fall zuständige Ermittler, Kriminalhauptkommissar Dieter Schröder - eine Entscheidung darüber, was mit den Werken passiert. Es hätten sich verschiedene Institute angeboten, die die Bücher fachgerecht einlagern könnten. Die Lagerung auf dem Dachboden seiner Dienstastelle sei provisorisch und dem Wert und der Bedeutung der Bücher nicht angemessen, hieß es. Das älteste der sichergestellten Bücher stammt aus dem Jahr 1549.

Keine Mithilfe durch den Beschuldigten
Sämtliche in dem Darmstädter Wohnhaus sichergestellten Bücher trugen einen professionell wirkenden Stempel mit dem Schriftzug "Sammlung" und dem Namen des Bücherdiebes. Er half der Kripo übrigens bei der Zuordnung der gestohlenen Werke nicht mit. "Der Tatverdächtige war nie hier bei uns. Seine Mitarbeit hätte uns die Arbeit enorm erleichtert", sagte Schröder - und hätte vermutlich das zu verhängende Strafmaß begünstigen können. Bis zur Entscheidung der Staatsanwaltschaft über die Übergabe der Werke an ein Institut sucht Kommissar Schröder daher weiter auf eigene Faust nach den Besitzern. "Es melden sich noch regelmäßig Institute und private Sammlungen bei uns". Erst in dieser Woche waren fünf Vertreter des Naturkundemuseums aus Kassel bei der Kripo in Korbach zu Gast - sieben Bücher konnten sie ihrem Museum zuordnen und nahmen sie mit nach Kassel.

Fall im letzten Herbst bei Aktenzeichen xy... ungelöst
Eine enorme Hilfe in der Arbeit war nach Aussage von Kommissariatsleiter Wilke der Auftritt seines Kollegen in der TV-Sendung "Aktenzeichen xy... ungelöst" Ende Oktober 2012. Dieter Schröder hatte in der Sendung in etwas drei Minuten den Fall und einige herausragende Werke gezeigt. Daraufhin meldeten sich etliche Vertreter bestohlener Institute. Der Fall, der für die Korbacher Kripo mit der Anklage des 47-Jährigen nun abgeschlossen sein wird, sei in jeder Hinsicht außergewöhnlich gewesen. Dennoch sei man froh, nach rund anderthalbjähriger Ermittlungsarbeit nun vor der gerichtlichen Aufarbeitung des Verfahrens zu stehen.

Mit dem Beginn der Hauptverhandlung dürfte im Spätsommer zu rechnen sein.

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Zuletzt bearbeitet am Samstag, 08. Juni 2013 23:44

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