Mit dem besten Freund auf Streife - Martin Digulla und Jakob sind starke Partner

Mittwoch, 30. September 2020 09:20 geschrieben von  Migration
Die Freude, wenn Martin und Jakob sich wieder begegnen, ist jedes Mal zu sehen. Manchmal, während der Büroarbeit, muss Jakob in seiner Hundewohnung der Polizeistation Korbach kurz auf sein Herrchen warten. Die Freude, wenn Martin und Jakob sich wieder begegnen, ist jedes Mal zu sehen. Manchmal, während der Büroarbeit, muss Jakob in seiner Hundewohnung der Polizeistation Korbach kurz auf sein Herrchen warten. Fotos: Matthias Böhl, 112-Magazin

KORBACH. „Er ist mein Freund. Ich hätte schon Angst um ihn, ja. Aber darauf trainieren wir auch hin, dass nichts passiert“, Martin Digulla, Polizeioberkommissar bei der Polizei in Korbach, berichtet mir von seinem Streifenpartner.

„Mit ihm verbringe ich mehr Zeit, als mit meiner Frau. Ich nehme ihn mit zum Dienst und nach dem Dienst mit nach Hause“, erklärt er mir. Martins Streifenpartner ist kein Polizeibeamter. Zumindest nicht so einer, wie man es sich vorstellt. Der Korbacher Polizeioberkommissar fährt mit „Jakob“ in den Einsatz. Jakob ist ein belgischer Schäferhund, ein Malinois. Er ist sechs Jahre alt und steht seit vier Jahren im Dienst der Polizei.

In jeder Schicht ist Jakob an Martin Digullas Seite unterwegs. Bei ganz normalen Einsätzen. „Unfallaufnahmen, Verkehrskontrollen, Streitigkeiten schlichten“, erklärt Martin Digulla. Alleine mit seinem Hund ist der 55-jährige dabei aber nur selten unterwegs: „Wir fahren zu zweit im ganz normalen Streifendienst und haben den Hund mit im Wagen“, erklärt er. „Das kann immer wieder mal sinnvoll sein. Wenn wir zum Beispiel einen Autofahrer mit Rauschgiftverdacht haben, kann der Hund direkt mal das Auto durchsuchen. Und wenn ein Randalierer beruhigt werden soll und ich Jakob aus dem Auto hole und an die Leine nehme, werden viele schon von selbst ruhig, oder gehen weg“, schildert Martin Digulla. Jakob kann aber auch gezielt angefordert werden, denn er kann gleich mehrere Aufgaben erledigen. Jakob ist ein Kombihund. Er kann sowohl Rauschgift und Banknoten aufspüren, ist also als Spürhund im Einsatz und er kann auch als Schutzhund zum Einsatz kommen, wo Täter gestellt, verfolgt und im schlimmsten Fall auch gebissen werden können. „Um Menschen zu schützen“, berichtet Martin Digulla. Dies, so sagt er, sei aber bisher noch nie erforderlich gewesen. „Bisher ist zum Glück immer alles gut gegangen. Die meisten Menschen werden von selbst ruhig, wenn sie Jakob sehen“. Dabei ist der Hund gar nicht besonders aggressiv: „Das ist ein ganz normaler Hund, wie jeder andere auch. Er hat nur einen sehr ausgeprägten Spiel- und Beutetrieb. Das ist bei Jakob intensiv gefördert worden“, erklärt Martin Digulla. „Wenn zum Beispiel in einem großen Gebäude ein Einbruchsalarm ausgelöst hat, dann durchsuchen wir das Gebäude oder die Umgebung nach möglichen Tätern. Dabei kommt Jakob zum Einsatz. Nicht zuletzt auch zum Schutz der Kollegen und mir“.

Der Korbacher Familienvater führt schon seit 18 Jahren Polizeihunde. Der Wunsch, Hundeführer zu werden kam für den Polizeibeamten nicht von ungefähr: „Man könnte ruhig schreiben, die Digullas sind voll auf den Hund gekommen“, lacht er. Alle Diensthunde, die der sympathische Beamte bisher in seinem Leben geführt hat, haben nach der „Rente“ auch bis zum Schluss bei ihm zu Hause gewohnt. „Die Vorgänger sind leider schon alle gestorben. Einer leider auch schon mit acht Jahren. Der hatte Lymphdrüsenkrebs“, erzählt Martin und ist nachdenklich. Man merkt ihm während des gesamten Gespräches an, dass er ein richtiger Freund der Hunde ist. Die Frage, ob Jakob im Haus, oder im Zwinger wohnt, ist eigentlich überflüssig. Martin strahlt. „Der lebt bei uns im Haus. Das ist ein Familienmitglied. Er hat sogar noch eine vierbeinige Freundin zu Hause und die beiden haben auch ihr eigenes Hundesofa“, freut sich der Polizeibeamte. „Ich gehe mit ihm spazieren. Wir spielen und laufen zusammen, gehen ins Feld und wir machen zusammen Dienst“, schwärmt er. „Und auch Besuch ist kein Problem. Unsere Hunde mögen es sehr, wenn sie gestreichelt werden. Dann weichen sie dem Besuch nicht mehr von der Seite“, freut sich Martin Digulla. Nur eine Situation gebe es im Moment, wo Jakob zu Hause kurz in den Freilauf müsse: „Wenn meine Enkel kommen“, freut sich Martin. „Denn die“, so erklärt er weiter, „würde er umrennen. Aber nicht böse, sondern aus Unbedarftheit, Spiellust und Freundlichkeit“, macht er deutlich. Die anfallenden Kosten für Jakob übernimmt bei Familie Digulla das Land Hessen. Martin Digulla muss sich nur um Auslauf, Pflege und ständige Aus- und Fortbildung für Jakob kümmern. „Zwar ist Jakob ein echter Freund und mein Kumpel. Er ist auch Familienmitglied. Aber er ist auch ein Einsatzmittel“, erklärt mir Martin Digulla. Deshalb, so der Polizeibeamte, könne es auch sein, dass Jakob bei einem Einsatz verletzt wird. „Der muss auch mal durch Scherben laufen, wenn es der Einsatz erfordert. Da kann ich nicht sagen, ich schicke ihn nicht“, macht er deutlich. Dennoch wird Martin Digulla das Leben oder die Gesundheit von Jakob niemals leichtfertig aufs Spiel setzen: „Wenn uns jemand mit einer Pistole gegenübersteht, brauchen wir den Hund nicht mehr zu schicken, weil das dann keinen Sinn machen würde“, zeigt er auf. Sollte Jakob dennoch einmal verletzt werden, übernimmt das Land Hessen die Kosten für den Tierarzt. „Auch Futter und Kosten für einen Zwinger übernimmt das Land“, erklärt Martin Digulla. Selbst eine Hundepension würde für Jakob bezahlt, wenn Martin Digulla mit seiner Familie in Urlaub fahren will. Dies wird aber bei Familie Digulla nicht nötig sein: „Jakob fährt natürlich mit uns in den Urlaub“, freut sich sein Herrchen.

Angekauft wurde Jakob übrigens vom Land Hessen und dann zunächst einer kleinen Prüfung im Ausbildungszentrum unterzogen. Wie alle Polizeihunde in Hessen. „Da wird geschaut, wie ausgeprägt der Spiel- und Beutetrieb ist, und natürlich auch, ob die Tiere gesund sind“, berichtet Martin Digulla. Dann erst kommen die Hunde zu den Polizisten, mit denen sie später in den Einsatz gehen sollen. Zu dieser Zeit sind sie schon etwa ein Jahr alt. „Zu Hause erfolgt dann eine Eingewöhnungszeit. Wenn das gut klappt, geht es danach für drei Monate zur Polizeihundeschule“, erzählt Martin Digulla mir den Werdegang der treuen Partner. Martin ist nicht nur ein Diensthundeführer bei der Korbacher Polizei, sondern er ist auch Ausbildungsleiter für alle sieben Kollegen in Waldeck-Frankenberg, die einen Hund an ihrer Seite haben. „Alle 14 Tage treffen wir uns zu Trainingseinheiten. Auf Hundeplätzen, in leer stehenden Gebäuden, und freundlicherweise auf dem THW-Gelände“, erklärt Martin mir.

Dann geht sein Telefon: „Digulla. Hallo, grüß Dich. Ah, alles klar. Ich stelle mich deutlich vor sechs Uhr in eine Nebenstraße und nehme Kontakt zu einer Kollegin auf. Das schaue ich mir noch mal auf der Karte an. Wir freuen uns drauf“. Ein Einsatzauftrag für die kommenden Tage: „Da geht es um Rauschgift. Da gibt es wohl einen Dealer, für den jetzt eine Wohnungsdurchsuchung ansteht“, erklärt Martin mir kurz. Details darf er natürlich keine nennen, um den geplanten Einsatz nicht zu gefährden. Ein paar Tage sind nun noch Zeit für ihn und seinen Partner Jakob. Mich interessiert, ob Jakob es merkt, wenn er zum Einsatz muss. Ob es ein bestimmtes Wort für ihn gibt, er ein Kommando bekommt, oder eine Weste angelegt bekommt, wenn es losgeht. Alles verneint Martin. Trotzdem würde Jakob ganz genau merken, wenn es soweit ist. „Der Jakob kennt mich in- und auswendig. Meine Mimik, meine Gestik. Und wenn ich auch noch so cool sein will – er merkt es“, erzählt er mir stolz. Das macht deutlich, wie sehr die beiden aufeinander eingespielt sein müssen.

Viel haben sie schon gemeinsam erlebt: „Das war eine Durchsuchung in Bad Wildungen. Eigentlich bei einem Klein-Dealer“, erinnert sich Martin an einen der Einsätze. Der Jakob wusste sofort, wo das Rauschgift ist und hat es uns angezeigt. Dann ist er noch mal ein paar Schritte zurück getreten und wieder vor - dann hatte er noch etwas anderes in die Nase bekommen und aus einem Stapel CD´s rieselten plötzlich Geldscheine“, freut sich Martin Digulla. „Das deutet dann nicht nur auf den Besitz, sondern auch auf einen Handel hin und wirkt sich strafverschärfend aus“, erklärt er mir. „Damit hatten wir gar nicht mehr gerechnet“.

Geldscheine ? Cool. Das möchte ich wissen. Wie geht es, dass ein Hund Geldscheine riechen kann? „Wenn zu Hause bei Euch mal jemand den Geldbeutel und die Scheine verlegt und sie nicht mehr findet, kommt Jakob und sucht sie“, lacht Martin. Er erklärt mir, dass dies seit einiger Zeit bei den Spürhunden in Hessen trainiert wird, neben Rauschgift auch Banknoten zu finden. „Das funktioniert, weil es ein besonderes, geheimes Gemisch von Papier ist, was die Bundesbank zur Herstellung von Banknoten verwendet. Hinzu kommen die Klebstoffe die dabei Verwendung finden und die Farben vom Druck. Das reicht dem Hund aus“, erklärt er mir. Zu Trainingszwecken bekommt die Polizei ganz frische Banknoten aus der Bundesbank. „Darauf konditionieren wir die Hunde dann zunächst. Später üben wir dann auch mit Banknoten, die schon im Umlauf waren. Denn wenn sie in verschiedenen Händen und Geldbeuteln waren, ändert sich der Geruch“, macht er klar. „Wir werden vom Zoll, vom Arbeitsamt, dem Finanzamt, oder aber bei Rauschgiftsachen auch zur Suche von Banknoten angefordert“, erklärt er.

Nach Menschen, oder Sprengstoff könnte Jakob auch suchen. Dafür wurde er aber nicht ausgebildet. „Wenn er neben Drogen und Banknoten noch Sprengstoff suchen würde, wären die Folgemaßnahmen andere. Drogen hole ich raus, Sprengstoff wird von uns nicht mehr angefasst. Der Hund kann uns aber nicht anzeigen, was er gerade gefunden hat. Deshalb ist Jakob nur auf Drogen und Banknoten ausgebildet und kommt zusätzlich als Schutzhund zum Einsatz“, erklärt Martin Digulla.

Auch in Potsdam waren Martin Digulla und Jakob schon im Einsatz, um nach Geldscheinen zu suchen: „Da haben wir die Beute von Geldautoamtensprengern gesucht, weil es in Potsdam keine Hunde gab, die das können“, erklärt Martin.

Wichtig ist es dem Familienvater und dreifachen Großvater zu erwähnen, dass die Familie auf jeden Fall mitspielen muss, wenn man einen Diensthund zu Hause hat. Das funktioniert bei ihm mehr als gut: „Wenn andere jagen oder angeln gehen, dann machen wir etwas mit den Hunden“, freut er sich. „Wir machen eigentlich alles mit unseren Hunden“. Er unterstreicht noch einmal, dass Jakob und Polizeihunde überhaupt nicht extra aggressiv sind, wie man es vielleicht im ersten Moment vermuten würde, wenn man von Polizeihunden hört. „Das sind ganz normale Hunde mit einem ausgeprägten Beute- und Spieltrieb“, macht er deutlich.

Dann endet unser mehr als angenehmes Gespräch nach etwa zwei Stunden und es ist endlich soweit: Ich bekomme Jakob vorgestellt, denn er soll mit aufs Foto. Wir gehen in den Innenhof der Wache, da ruht sich Jakob in einem Zwinger aus, während er nicht mit Martin Digulla auf Streife ist. „Der wird gleich niemanden um sich wahrnehmen. Der freut sich nur aufs Spielen“, erklärt Martin mir auf dem Weg nach draußen. Noch bevor ich Jakob sehe, bemerke ich ihn. Er hat Martins Stimme gehört und freut sich riesig, dass sein Freund nun zu ihm kommt. Als die Tür aufgeht, springt Jakob hoch stubst das Gesicht seines Herrchens. Keiner der beiden kann seine Freude nun verbergen. Wahnsinnig toller Moment. Martin holt Jakobns Spielzeug aus dem Streifenwagen und dann geht’s los, auf der Rasenfläche hinterm Haus. Martin strahlt und Jakob springt und springt Meter hoch in die Luft. „So schnell kann man ihn glücklich machen. Das ist bei Menschen schwieriger“, freut sich Martin, als sein Jakob in der Sonne liegt und die Beiswurst kaut. Ich merke dem erfahrenen Hundeführer an, dass es nicht bei allen Menschen schwierig ist, sie so schnell glücklich zu machen. Ich mache Foto um Foto, gebe praktisch Stoßfeuer. Und dann ist es leider auch schon wieder vorbei und ich verabschiede mich. Voller Dankbarkeit und Anerkennung ein so tolles Team aus Mensch und Tier kennen gelernt zu haben und unseren Lesern davon und von den tollen Aufgaben der beiden erzählen zu können.

Zuletzt bearbeitet am Mittwoch, 30. September 2020 09:40

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