KORBACH. Da wurde so manchem Betrachter schon beim bloßen Hinsehen schwindelig: Höhenretter des Korbacher THW haben sich vom Turm der Kilianskirche abgeseilt. Damit simulierten die Helfer, wie man eine verletzte oder erkrankte Person vom Turmumgang zu Boden befördert.
Bauarbeiter, Weihnachtsfreunde beim Christkindwiegen, Posaunenchormitglieder beim Neujahrsblasen, Böllerschützen von St. Barbara oder auch der ganz normale Tourist, der während der Sommermonate den Turm von St. Kilian erklimmt - es gibt viele Menschen, die sich im Turm oder auf dem Umgang in gut 45 Metern Höhe über der Korbacher Altstadt aufhalten. Die wenigsten von ihnen denken aber daran, was passiert, wenn etwas passiert: Nach einem Herzinfarkt oder einem anderen medizinischen Notfall, nach einem Arbeitsunfall oder einem anderen chirurgischen Notfall müssen die Patienten nicht nur medizinisch versorgt, sondern auch nach unten gebracht werden. Eine Krankentrage durch den engen Wendeltreppenaufgang mit dem Patienten darauf nach unten zu tragen, ist beinahe unmöglich.
60 Meter lange Seile gespannt
In solchen Fällen können die Höhenretter des THW ins Spiel kommen. Die Spezialisten des Korbacher Ortsverbandes im Technischen Hilfswerk übten am Wochenende sämtliche Handgriffe, die nötig sind, um einen Menschen sicher und schonend in einer sogenannten Schleifkorbtrage vom Umgang aus abzuseilen. Dazu mussten die Helfer um Gruppenführer Dennis Kegel zunächst einmal mit ihrem Material wie Seilen und Flaschenzug den Turm erklimmen. Dazu diente wegen der Sanierung die Bautreppe im Gerüst auf der Ostseite des Turm. Oben angekommen, befestigten die Höhenretter ihre Seile an mehreren Fixpunkten des Gerüsts und des Bauwerks. Die hinabgelassenen Seilenden wurden daraufhin am Boden mit einer speziellen Halterung an einem THW-Fahrzeug befestigt - die Seillänge vom Turm schräg hinunter bis zum Lkw betrug 60 Meter.
Nach 15 bis 20 Minuten kann die Rettung beginnen
Mit einer Arbeitsleine zogen die Retter schließlich die unten eingehängte Schleifkorbtrage zum Turm hinauf. "Im Ernstfall würden die Vorbereitungen etwa 15 bis 20 Minuten in Anspruch nehmen", erklärte Zugführer Dirk Gernand gegenüber 112-magazin.de, "je besser wir ein Objekt wie den Kirchturm kennen, desto schneller ist die Konstruktion natürlich einsatzbereit". Das derzeit noch vorhandene Gerüst stelle zwar eine Veränderung zur letzten Übung dieser Art am Kilian dar, sei aber für die Höhenretter kein Problem.
Kein Problem war es dann auf für Höhenretter Jannick Göbel, in die Rolle des Patienten zu schlüpfen und sich in der Spezialtrage zum Abseilen sichern zu lassen - bei Menschen, die darin keine Erfahrung haben, kann die Abfahrt am Seil gewiss Beklemmungen auslösen. "Doch es gibt keine Alternative", sagt Göbel, "wenn ein Verletzter oder Erkrankter liegend vom Turm nach unten gebracht werden muss, ist das die einzig realistische Möglichkeit". Mit dem Flaschenzug über die Brüstung gehoben, lassen die Helfer in Blau den Schleifkorb mit Rollen über die beiden gespannten Seile nach unten gleiten - von oben mit dem Arbeitsseil gehalten und gesichert. Um den Patienten während der gesamten Zeit nicht allein zu lassen, hängt ein Höhenretter mit an der Trage.
Bestens gerüstet
Die Übung am Wochenende verlief ohne Probleme oder Schwierigkeiten. Dank sprach Gruppenführer Dennis Kegel der Kirchengemeinde für die Bereitstellung des Turms und die gute Zusammenarbeit bei der Durchführung aus. Üblicherweise sind die Höhenretter des THW gefordert, wenn zum Beispiel verunglückte Gleitschirmflieger aus Bäumen gerettet werden müssen. In Ernstfällen arbeitet das THW stets mit der DRK-Bergwacht Willingen und Bad Wildungen zusammen - sie alle bilden gemeinsam die Höhenrettung Waldeck-Frankenberg. In gemeinsamen Übungen haben die Helfer bereits mehrfach die Ettelsberg-Seilbahn in Willingen evakuiert. "Sollte es tatsächlich mal einen Notfall auf einem Turm wie dem der Kilianskirche geben, sind wir auf jeden Fall mit im Spiel", verdeutlicht Jannick Göbel, "aber dafür sind wir bestens gerüstet".
Link:
THW Korbach
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