DODENAU. Mit den Hunden einmal noch durch die Natur laufen, noch einmal Fußball spielen, noch einmal an einem Tenniswettkampf teilnehmen, noch mal bei der Feuerwehr mitmachen, im Winter nach draußen gehen, oder die Treppen neben dem Haus ohne Schmerzen und Pausen laufen können. Das wäre der größte Traum von Evelyn Isgen aus Dodenau. Die 29-jährige Ergotheraputin leidet an einer unheilbaren, sehr seltenen Nervenerkrankung, die ihr das verwehrt. „Spastische Paraplegie“ lautete die Diagnose vor drei Jahren. Da war sie gerade einmal 26 Jahre alt. Mit 17 hatten die ersten Beschwerden bereits begonnen: „Das war ein Kribbeln im Fuß“, erinnert sie sich. Eigentlich harmlos und am nächsten Tag auch fast wieder weg. Es folgten Untersuchungen und schnell stand der Verdacht „Multiple Sklerose“ im Raum. Doch nach der begonnenen Kortisontherapie kamen weitere Beschwerden hinzu: „Ich bin oft gestürzt, gelaufen wie besoffen und hatte Probleme mit dem Gleichgewicht“, erinnert Evelyn sich. Ihre Erkrankung, die umgangssprachlich auch als „Angeborene Querschnittlähmung“ bezeichnet wird, ist auf einen sehr seltenen Gendefekt zurückzuführen. „Die gibt es in einem Verhältnis von 1:50 Millionen. Deshalb wird diese Krankheit gar nicht weiter erforscht, weil sich das nicht lohnt. Ich habe weltweit nur eine einzige Patientin aus Amerika gefunden, die auch diese Erkrankung hat, um mich auszutauschen. Doch der Kontakt ist leider wieder eingeschlafen“, erklärt Evelyn Isgen. Fest an ihrer Seite steht Ehemann Dennis: Die Auffahrt zum Haus hat er neu gestaltet, damit Evelyn sie noch mit ihrem Automatikwagen befahren kann und mit Mühe und Not die Treppen zum Haus gehen kann. Ein Kupplung treten, oder von der Straße zum Haus zu laufen, ist der jungen Frau nicht mehr möglich. Auch das vor sechs Jahren erst gekaufte Haus muss das junge Paar wohl wieder verkaufen: Die Prognose für Evelyns Erkrankung ist niederschmetternd. In wenigen Jahren wird sie querschnittgelähmt und dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen sein. „Das ist so schlimm, daran zu denken, sein Zuhause abzugeben. Aber wir brauchen dann etwas ebenerdiges“, schildert Dennis Becker-Isgen.
Besonders dankbar sind Evelyn und Dennis für die großartige Unterstützung von Evelyns Arbeitgeber "Vitos Haina". "Als Ergotherapeutin in der Forensik kann ich leider nicht mehr arbeiten. Es wurde extra eine Stelle geschaffen, die ich zum Großteil im Homeoffice betreuen kann. Mein Büro vor Ort befindet sich aufgrund der Gefahren durch Straftäter nicht mehr in der Forensik, sondern in einem separaten Gebäude", erzählt Evelyn dankbar. "Ich kenne keinen anderen Arbeitgeber, der so etwas tun würde", ist auch Dennis Becker-Isgen sehr dankbar für die Unterstützung. "Mein Arbeitgeber ist der einzige, der mir bei meiner Erkrankung bisher wirklich geholfen hat", macht Evelyn deutlich.
Eine Heilung gibt es für Evelyns Krankheit nicht. Dennoch gibt es etwas, was ihr große Linderung verschaffen würde. „Die Firma Ottobock aus Duderstadt hat einen speziellen Anzug entwickelt, der Muskeln stimuliert und so die Symptome sehr stark mindert“, berichtet Evelyn. Über eigene Recherchen ist sie auf den „Exo Pulse Mollii Suit“ aufmerksam geworden und konnte ihn auch bereits testen: „Ich konnte wieder beschwerdefrei Treppen laufen, hatte mein Gleichgewicht wieder und bin nicht mehr gestürzt. Da habe ich erst mal gemerkt, wie schlecht ich sonst laufe“, berichtet sie. Der Anzug muss nur etwa eine Stunde am Tag getragen werden, die Wirkung ist nachhaltig und dauert mehrere Tage an. Bei der Testung, die in einem für Querschnittgelähmte spezialisierten Sanitätshaus in Reinhardshausen stattfand, wurden Zeiten gemessen, Videos gedreht, Daten erhoben. „Ich konnte eine Strecke nach Tragen des Anzuges in der Hälfte der Zeit und ohne stolpern laufen, konnte Treppen steigen und habe wieder durchgeschlafen. Auch meine chronische Migräne war so gut wie weg. Durch das Laufen mit Gehhilfen wird diese durch Verspannung gefördert“, resümiert sie. Rund eine Woche lang war Evelyn fast beschwerdefrei, sie konnte wieder im Stehen duschen, sich selbst anziehen, und ihre Stabilität war deutlich besser. Dann ließ die Wirkung wieder nach und der Anzug hätte erneut eine Stunde lang getragen werden müssen. Der Arzt in Reinhardshausen stellte Evelyn nach der Testung sofort ein Rezept für den Anzug aus. Doch die IKK Südwest, Evelyns Krankenkasse, übernimmt die Kosten für den Anzug nicht. Im Hilfsmittelkatalog ist der Anzug nicht aufgeführt, was eine Kostenübernahme durch die Kasse verhindert. „Aus Sicht des Mediznischen Dienstes sind die sozialmedizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt“, heißt es in einem Schreiben der Kasse, die auch den zweiten Widerspruch der jungen Familie ablehnt, dazu. Evelyn und Dennis hatten die Idee, einen Kredit aufzunehmen und den Anzug so zu finanzieren, um Evelyn mehr Lebensqualität und vielleicht sogar die Rückkehr zu ihren Hobbies zu ermöglichen. Unterdessen hat Evelyns Schwägerin eine Spendenaktion ins Leben gerufen, mit der sie der Frau ihres Bruders die Anschaffung des Anzuges auf privater Basis ermöglichen möchte. Zunächst war Evelyn skeptisch: „Ich fühle mich so schlecht dabei, ich hätte das lieber in Raten abbezahlt, oder mit der Bank finanziert“, erzählt Evelyn. Nach Gesprächen mit Dennis und seiner Schwester hat sie der Spendenaktion dann aber doch zugestimmt.
Um die Spendenaktion zu unterstützen, gibt es zwei Wege:
Über einen Link zur Spendenaktion: gofund.me/81b42ed9
Und über eine Überweisung an folgendes Konto: IBAN: DE79 5235 0005 0008 9424 43; BIC: HELADEF1KOR.