Brandstiftung bei Adorf: Sechseinhalb Jahre Haft

Mittwoch, 02. November 2011 15:04 geschrieben von  Migration

ADORF/KASSEL. Rund sechs Jahre nach einer Brandstiftung in der Feldgemarkung zwischen Adorf und Giershagen ist am Mittwoch gegen die Täter ein neues Urteil ergangen: Das Kasseler Landgericht verhängte eine jeweils sechseinhalbjährige Haftstrafe gegen die Hausbesitzer Marie-Luise und Franz-Josef P. Eine andere Kammer des Gerichts hatte es bereits 2008 als erwiesen angesehen, dass das Ehepaar sein Haus vorsätzlich in Brand gesetzt hatte, um von den Versicherungen Geld zu kassieren.

Am Mittwoch ging es in der erneuten Verhandlung vor dem Landgericht nicht mehr um die Schuldfrage, sondern lediglich um das Strafmaß gegen die Eheleute. Der Bundesgerichtshof hatte zwar die im Februar 2008 verhängte achtjährige Haftstrafe "kassiert", nicht aber die Inhalte der Beweisaufnahme bemängelt. So blieb es beim Urteil wegen schwerer Brandstiftung und zweifachen versuchten Versicherungsbetruges, das Landgericht musste "nur" noch ein neues, geringeres Strafmaß finden. Daher bedurfte es am Mittwoch keiner neuen Beweisaufnahme, der Vorsitzende Richter wiederholte aber die Eckdaten der damaligen Beweiswürdigung: Demnach hatte das Ehepaar P. nach unzähligen Streitigkeiten und handfesten Auseinandersetzungen mit seinen Nachbarn auf dem "Webbel" bei Adorf im Jahr 2005 versucht, seine Wohnimmobilie zu veräußern.

Alle Versuche gescheitert, Haus zu verkaufen
Nachdem alle Versuche über Makler gescheitert waren, setzten die Besitzer das Gebäude mit einer selbst gebauten Vorrichtung mit Zeitverzögerung in Brand - um sich des Hauses zu entledigen und Geld von den Versicherungen zu bekommen. Als das Feuer auf diese Weise im Dezember 2005 an einem Sonntagnachmittag ausbrach, hielten sich die Besitzer bei Bekannten auf - damit wollten sie sich ein Alibi verschaffen. Trotz eines Großeinsatzes mehrerer umliegender Feuerwehren brannte das Haus komplett nieder. Das Feuer griff auch auf ein direkt angrenzendes Nachbarhaus über, das stark beschädigt wurde. Weil die Kripo zahlreiche Indizien für eine vorsätzliche Brandstiftung fand, zahlten die Hausrat- und die Gebäudeversicherung den Schaden bis heute nicht. Gegen das 2008 verhängte Urteil gingen die Eheleute in Revision.

Obwohl die Schuldfrage am Mittwoch nicht mehr Gegenstand der Verhandlung war, beteuerten die Eheleute erneut und vehement ihre Unschuld: "Auf Ehre und Gewissen - wir haben das nicht getan", sagte der 68-Jährige. Seine Ehefrau verwies vor Gericht auf die vielen negativen Folgen, die der Großbrand für sie und ihren Mann bis heute habe. Neben psychischen Problemen durch Isolation und Rückzug aus Freundes- und Bekanntenkreis spielten auch gravierende finanzielle Sorgen eine Rolle. "Unser Leben ist eigentlich zu Ende", sagte die Hausfrau. Und ihr Mann, ein pensionierter Elektromeister, will die vergangenen Jahre "wie im offenen Vollzug" erlebt haben. Von allen Seiten werde man angegangen, "und auch die Presse ist hinter uns her". Das Ehepaar selbst war es übrigens, das die jahrelangen Nachbarschaftsstreitigkeiten von sich aus im Fernsehen und in diversen Boulevardblättern ausbreitete.

Gericht boshaftiges Vorgehen vorgeworfen
Die insgesamt drei Verteidiger der Eheleute ließen am Gericht in Bezug auf das Verfahren in erster Instanz kein gutes Haar. Die fünfte Kammer habe den Eheleuten damals "in boshafiger Art wirklich alles angelastet, was man ihnen negativ auslegen konnte", sagte einer der Anwälte. Er forderte gar Freispruch für die Mandanten, "weil ich ernsthaft überzeugt bin, dass sie es nicht waren". Auch der zweite Verteidiger sprach von "böswilligen Entscheidungen". Es sei "nichts belegt", sagte der Anwalt und forderte eine Bewährungsstrafe - warum er vor diesem Hintergrund nicht ebenfalls auf Freispruch plädierte, blieb am Mittwoch ein Rätsel.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft forderte in seinem Plädoyer eine sechseinhalbjährige Haftstrafe. Diesem Antrag kam die Kammer nach - gewährte allerdings wegen der Verfahrensverzögerungen in den vergangenen Jahren einen dreimonatigen "Rabatt". Mit dem Urteil von Mittwochmittag ist die Angelegenheit aber wohl noch lange nicht vom Tisch - gegen das Urteil können die Eheleute binnen einer Woche Revision einlegen.

Zuletzt bearbeitet am Mittwoch, 02. November 2011 17:22

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