Der "Morgenkeiler"

Montag, 26. Dezember 2011 07:45 geschrieben von  Migration

STORMBRUCH * Die Wiesen am Südhang der Eschenseite werden seit einigen Tagen vom Schwarzwild umgebrochen und ich entschließe mich nach einigen  erfolglosen Abendansitzen in der Morgendämmerung  auf Schwarzwild zu jagen. Es weht ein starker Süd - Westler durch die Föhren und einige Regenschauer lassen mich in meiner  Lodenkleidung frösteln.

Meine DW Hündin Kira habe ich heute dabei, eine geeignete Ansitzeinrichtung habe ich hier nicht stehen und so sitze ich auf meinem Gebirgsrucksack Marke BW einfach . Zumindest der Allerwerteste ist trocken. Meine Mauser M03 im Kaliber 300 WSM ( Winchester Short Magnum ) liegt auf meinen Knien und ich harre der Dinge,  die da kommen ( sollen ) . Auch dem Wild scheint diese Witterung nicht zu behagen, allein ein Fuchs versucht auf der Wiese  Mäusen nachzustellen. Immer wieder springt er in die Höhe und hat scheinbar auch Erfolg damit. Das Licht ist nicht besonders gut, in den Randbereichen der Fichten, ist nichts zu erkennen. In ca. 15 Minuten müsste es aber heller werden und vielleicht schieben sich die Sauen noch  auf die Wiese. Ich nehme mein Zeiss Glas und leuchte die Grünlandflächen weiträumig ab. Nicht´s zu sehen. Noch 5 Minuten, dann werde ich das Ganze abbrechen denke ich und  drehe mich um 180 ° . Mein Herz springt bis zum Hals. In ca. 350 metern steht ein Keiler auf der Wiese und wirft emsig mit den grünen Frasen um sich. Am Waldrand steht eine Leiter, die ich erreichen könnte, ich wäre dann auf 250 Meter näher an dem Bassen dran. Müsste aber über die Freifläche gehen. Zu riskant denke ich mir, der Keiler hätte mich im nu spitz und nehme meinen Rucksack als Gewehrauflage, backe die M03 an und nehme den Keiler mit dem  Rotpunkt in´s Visier. Oh Gott denke ich, der Leuchtpunkt ist ja fast so dick wie der Keiler. Also, näher ran. Meiner Wachtelhündin gebe ich das Handzeichen ablegen, ich nehme die Waffe links, den Rucksack rechts in die Hände und robbe  ( wie bei der Bundeswehr gelernt  ) auf den Bassen zu.  Meter um Meter schieb ich mich vorwärts, immer wieder verharre ich. Diese Art der Fortbewegung ist nicht nur feucht, sondern auch anstrengend .Nun lasse ich den Rucksack einfach liegen, nehme meine M03 in Vorhalte und krieche über den nassenWiesenboden. Der Basse zieht  mit zunehmeder Helligkeit Richtung Waldrand, immer wieder sichert er nach Rückwärts, bricht aber hier und da im Erdreich  um einige Engerlinge aufzunehmen . Entfernung 250 Meter. Nun reicht`s. Lodenmantel aus, zur Rolle gewickelt und als Gewehrauflage vor mich geschoben. Waffe drauf....Anbacken...der Keiler steht mit dem Hinterteil zu mir.... Verfluchte Jagd, kann ich mir denn kein anderes Hobby aussuchen, muss es die Jagd sein ??....Klatschnass liege ich hier auf dem Wiesenboden mit klammen Händen und sehe, wie sich der Keiler weg von mir zum Waldrand entfernt. Nun ist das Stück noch 10 Meter vom Wald weg und ich habe die vage Hoffnung dass auch der Keiler, den einfachen Waldweg wählt, das wäre meine Chance. Und... der Keiler nimmt den Waldweg an.....Die Drehung nach links um 40 ° genügt mir....Rotpunkt aus, Das Absehen 40 mit 12-facher Vergrößerung steht rechts neben dem Vorderlauf... noch 20 cm  höher. Waffe einstechen.  Schuss...... !!!! Sau weg !!!! Die Entfernung war weit....zu weit ??? Ich bin mir sicher, die Sau gut getroffen zu haben. Mein Handzeichen zur Hündin und schon kommt mir meine treue Jagdgefährtin entgegen. Den zurückgelassenen Rucksack apportiert die Hündin selbstständig. Gelernt ist gelernt....

Wir erreichen den Anschuss und finden ausser Schnitthaar nicht`s. Das muss aber nicht bedeuten, dass die Sau die Kugel nicht hat. Um diese Jahreszeit sind die Sauen feist und mancher Schuss wird als " vorbei geschossen " oder " angekratzt " gewertet. Nicht selten findet man die verluderten Stücke Wochen später im Revier oder von Spaziergängern und Pilzesuchern wird man angesprochen, da liegt ein totes Wildschein im Graben.  

Der Hund muss ran, es hilft alles nichts. Rucksack auf, das "Bringsel" (Link zu Wikipedia-Artikel, hier klicken) an die Halsung der Hündin, und in freier Verlorensuche arbeitet die Hündin auf unsichtbarer Fährte die Schweissspur aus. Ich verbleibe am Anschuss und hoffe, dass mir die Hündin das " Bringsel " apportiert. Die Zeit vegeht nur zäh, ich werde unruhig und bin mir nun nicht mehr so sicher,  gut genug getroffen zu haben, als Kira mit dem  " Bringsel " im Fang  freudig bei mir erscheint. Also, alles gut, der Basse liegt. Die erfahrene Hündin wendet sich auch gleich in Richtung Wald und ich folge ihr im Abstand von ca. 10 Metern. Die Hündin passt auf, das ich ihr folgen kann, wir dringen in eine Fichtendickung ein, durchqueren diese und stehen in einem Altbestand mit 2-meter hohen Buchenrauschen. Hier liegt die Sau am Stamm einer alten umgestürzten Eiche. Entfernung vom Anschuss beträgt ca. 100 Meter. Der Schuss sitzt in der Kammer, allein der Keiler entpuppt sich als 90 Kilo Bache. Verdammt, wo ist denn die dazugehörige Rotte ??? Bis heute weiss ich darauf keine Antwort.

Text :  Klaus Rohde

Bild : © Klaus Rohde

 

Zuletzt bearbeitet am Dienstag, 03. Januar 2012 14:39

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