Vor Gericht: Mieterin beklaut und Polizei abgehängt

Dienstag, 25. Oktober 2011 17:10 geschrieben von  HNA

KORBACH. Für 15 Monate ins Gefängnis muss ein 23 Jahre alter Mann aus dem Waldecker Land – das Korbacher Amtsgericht verurteilte ihn wegen Fahrens ohne Führerschein, Wohnungseinbruchdiebstahls und Betruges. Der Mann hatte seiner Vermieterin die EC-Karte samt PIN-Nummer gestohlen, als die 76 Jahre alte Frau in der Kur war. Danach hatte er 22 Mal jeweils 500 Euro vom Konto der Frau abgehoben.

Wie der Angeklagte in die Wohnung der Rentnerin gelangt ist, konnte in der Gerichtsverhandlung am Dienstag nicht geklärt werden. Er erzählte die Geschichte so: In dem Haus sei es üblich gewesen, die Wohnungsschlüssel von außen stecken zu lassen – für Notfälle. Er habe dann bemerkt, dass seine Vermieterin mehrfach in seiner Wohnung gewesen sei. Da habe er aus reiner Neugier auch mal bei ihr in die Wohnung schauen wollen.

Karte und Pin-Nummer getrennt versteckt
Als die 76-Jährige zur Kur gefahren ist, habe der Wohnungsschlüssel gesteckt, sodass er in die Wohnung gelangt sei. Dort habe auf einem Tisch die EC-Karte samt PIN-Nummer gelegen. Und da er Schulden zu begleichen hatte, habe er diese mitgenommen und später die insgesamt 11.000 Euro abgehoben. Davon habe er eigene Schulden abbezahlt, habe 3500 Euro einer Bekannten geliehen, damit diese eine Geldstrafe bei Gericht bezahlen könne, der „Rest ist für Klamotten drauf gegangen".

Die Vermieterin erzählte als Zeugin eine ganz andere Geschichte. In ihrem Haus, in dem sie drei Wohnungen vermietet und selbst wohnt, sei es nicht üblich, die Schlüssel stecken zu lassen. Das mache sie aber schon mal, wenn sie nur kurz in den Keller gehe. In der Wohnung des Angeklagten sei sie nur ein Mal gewesen, als dieser nicht da war und die Heizkörper abgelesen werden mussten.

Die EC-Karte habe nicht auf einem Tisch, sondern versteckt unter Pullovern in einem Schrank gelegen. Denn es sei die Karte für ein Sparkonto gewesen, auf dem sie 20.000 Euro zurückgelegt hatte. Die PIN-Nummer habe noch im verschlossenen Originalumschlag in einer Schublade in einer Kommode gelegen. Auch der Schlüssel habe nicht in der Tür stecken können. Es gebe nur zwei Wohnungsschlüssel: Einen habe sie mit in die Kur genommen, den anderen habe ihre Tochter gehabt, um während ihrer Abwesenheit Handwerker in die Wohnung zu lassen.

Verfolgung war Polizei zu gefährlich
Angeklagt war auch eine Autofahrt ohne Führerschein. Die Polizei hatte damals einen Tipp bekommen, dass der 23-Jährige bei Eppe unterwegs sei. Eine Zivilstreife postierte sich daraufhin an einem Verbindungsweg nach Oberschledorn, von dem die Beamten annahmen, dass der Mann diesen befahren werde. Kurz darauf sei er auch vorbeigekommen, habe dann aber Gas gegeben und sei verschwunden, Die Verfolgung hätten sie abgebrochen, weil ihnen diese aufgrund des hohen Tempos zu gefährlich gewesen sei, sagte einer der Polizisten. Er und sein Kollege hätten den ihnen bekannten 23-Jährigen aber eindeutig am Steuer erkannt.

Der Angeklagte sagte, er sei es nicht gewesen. Er habe sein Auto mehrfach an Bekannte verliehen, zwei von denen würden ihm durchaus ähnlich sehen. Wer an diesem Tag sein Auto gehabt habe, wisse er nicht. Allerdings war er einen Tag später in Korbach von einer Zivilstreife angehalten worden – am Steuer seines Autos. Weil er angab, er habe wegen starker Schmerzen ins Krankenhaus gewollt, wurde dieser Fall wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Die Staatsanwältin forderte für den Einbruchdiebstahl, den Betrug und das Fahren ohne Führerschein eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Das Geständnis des Angeklagten sei „nicht ganz ehrlich und wenig reuig" gewesen, er schiebe die Schuld für seine Taten gerne anderen zu. Und er sei zum wiederholten Mal ohne Führerschein gefahren und deshalb zweifach vorbestraft.

"Letzte Chance" für Mandanten gefordert
Der Pflichtverteidiger des Angeklagten appellierte an den Richter, dem Angeklagten noch eine letzte Chance zu geben und die Haftstrafe zur Bewährung auszusetzen. Er hielt eine Haftstrafe von zwei Jahren für angemessen. Der Angeklagte habe die Einbruchdiebstahl gestanden und das Fahren ohne Führerschein habe ihm nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können.

Dem widersprach der Richter. Der Polizeibeamte habe den Angeklagten eindeutig aus kurzer Distanz im Vorbeifahren erkannt. Und wie er in die Wohnung der Vermieterin gelangt sei – vermutlich mit einem angefertigten Nachschlüssel oder einem Dietrich – sei letztlich egal. Allerdings handele es sich bei dem Abheben des Geldes nicht – wie von der Staatsanwaltschaft angeklagt – um gewerbsmäßigen, sondern nur um einfachen Betrug.

Die Vermieterin habe zudem glaubhaft dargestellt, dass die EC-Karte nicht offen herumlag, sondern im Schrank versteckt war. Der Angeklagte habe die Wohnung also durchsucht. Eine Bewährungsstrafe komme nicht mehr in Betracht, sagte der Richter. Und verurteilte den 23-Jährigen zu 15 Monaten Gefängnis.

Quelle: HNA

Zuletzt bearbeitet am Dienstag, 25. Oktober 2011 18:04

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