ÖSTERSUND. Die Begegnung mit Sestrid, die nun meine neue Jagdführerin für die nächsten Tage sein wird, ist herzlich. Ich stelle mir aber beim Anblick der 23-jährigen blonden Frau die Frage, ob die Bengtssons mich quälen wollen oder die Dame wirklich das jagdliche Handwerk versteht, die Gegend kennt und sie mir deshalb zur Seite gestellt wird. Die junge Sestrid hat die Rundungen an den richtigen Stellen und ist trotz allem schlank und durchtrainiert. Sie fragt mich, ob wir sofort zur Jagdhütte in die Berge aufbrechen wollen oder erst morgen Früh. Ich entschließe mich, die Jagdhütte gleich aufzusuchen. Mein Gepäck wird auf ein komisches Vehikel verfrachtet, das vorne Räder und hinten Ketten hat. Schon sind wir unterwegs zur Berghütte, im Licht der Scheinwerfer erkenne ich die Gefahren der Nachtfahrt nicht, erst am nächsten Tag sehe ich welche Wege wir hinauf zur Hütte gemeistert haben. Nun, wir halten an einem Hochplateau dem ein kleiner See angegliedert ist und laden unsere Waffen und das Gepäck ab. Nun geht es auf schusters Rappen 30 Minuten über Trampelpfade Bergauf und Bergab. In der Nähe eines Flusses liegt zwischen Haushohen Felsquadern ein altes mit Grassoden auf dem Dach belegtes Holzhaus. Wir treten ein und Sestrid wirft eine große Petroleumlampe an, weist mir ein Bettgestell mit Bären und Elchfellen zu und beginnt sofort mit dem Entfachen eines Feuers im gemauerten Kamin und dem Herd. Auch ich habe einiges an Proviant dabei, so zum Beispiel eine Rote Stracke aus Hirsch und Rehfleich und geräucherten Wildschweinrücken aus dem Waldecker Land. Auch deutsches Brot, das nicht so süsslich wie das Schwedische schmeckt, wird von mir auf den Tisch gebracht. Das Wasser im Gußeisernen Kessel auf dem Herd wird schnell heiss und schon ist der Kaffee mit Wodka aufgebrüht. Die Nächte sind bereits sehr kalt sagt Sestrid und morgen Früh wird es den ersten Frost geben. Wir pirschen morgen zu einem Fernwechsel von Elch und Bären, wir müssen um 05:00 Uhr raus, um 04:30 Uhr ist Wecken, ich soll jetzt schlafen meint die blonde Schwedin. Nach dem guten Abendbrot und drei Tassen Kaffee mit Wodka fällt mir das nicht schwer und nachdem die Wikingerin ( so nenne ich sie jetzt in Gedanken ) den Kamin und die Patromaxlampe gelöscht hat falle ich in einen tiefen Schlaf aus dem ich um 04:45 Uhr unsanft geweckt werde. Ich habe das Gefühl, gerade erst einige Minuten geschlafen zu haben. Die Petromaxlampe ist an und ein nicht definierbarer süsser Tee steht auf dem Tisch. Das Frühstück besteht aus Kellogsflocken ( Ich hasse Kellogsflocken ) die in Milch getungt sind. Ich bekomme die Portion gerade so runter und frage nach der Toilette, Sestrid nimmt eine Taschenlampe und führt mich nach draussen zu einem Häuschen mit Plumpsklo. Habe ich hier einen Abenteuerurlaub alla Y-Reisen gebucht nach dem Motto " Wir buchen Sie fluchen" frage ich mich? Ausserdem ist es kalt wie im Kühlhaus. Die Notdurft ist schnell erledigt, das Wasserfass zum Händewaschen ignoriere ich, da sich bereits durch den Nachtfrost eine dünne Eisschicht auf der Oberfläche gebildet hat. Beim Eintreten in die warme Hütte fragt mich die Wikingerin sofort ob ich mir die Hände gewaschen habe. Wortlos drehe ich mich um, gehe zum Trog und tauche die Flossen in das kalte Nass. Die kann aber auch nerven... Der Rucksack, den jeder mitnimmt, wird nach ihren Anweisungen gepackt . Munition, Wasserflache, Verbandspäckchen, Messer, Wechselwäsche, Essensration und Schlafsack sind Hauptbestand des Packplanes. Im Morgengrauen treten wir unseren Marsch zum Jagdplatz am besagten Wildwechsel an. Rucksack geschultert und Waffe in Vorhalte gehen wir los und ich nehme mir vor, der kleinen Wikingerin heute eine Lektion in Sachen Ausdauer zu erteilen. Schließlich habe ich jahrelang Triathlon und Marathonläufe absolviert. Das teile ich ihr auch genau so mit und mit einem Achselzucken nimmt sie das kommentarlos zu Kenntnis.
Nach 2 Kilometern weiss ich, dass ich besser den Mund gehalten hätte. Ich bin absolut durchgeschwitzt und ausser Atem als wir an einem Höhenpass rast machen. Das mit dem Marathon muss aber schon etwas länger her sein bemerkt das blonde Gift emotionslos . Warum sind hübsche Weiber eigentlich immer so grausam ? Noch ca. 2 Kilometer, dann sind wir am Ziel sagt sie, nimmt ihren Rucksack und die Waffe auf und schreitet mit kurzen schnellen Schritte durch die Gegend. In weiter Ferne kann ich ein Bergmassiv mit weissen Gipfeln erkennen als wir an einem Steilhang am Rande einer Krüppelkiefer - Ansammlung halten. Vor uns ist in ca. 100 Meter Entfernung ist ein ausgetretener Wildwechsel zu erkennen. Hier sind Bär, Elch, Luchs und Wolf zu Hause. Die Freifläche ist mit Heidelbeer und Preiselbeergewächsen durchzogen, dazwischen befinden sich Birkenanflug und Fichten, sowie Krüppelkiefer auf einer Breite von 400 Metern. Moose und Flechten halten den Boden immer Nass. Hier, so die Wikingerin, schlagen wir den Platz auf und warten auf die Elche. Sestrid zieht sich vor meinen Augen aus und schlüpft in neue und trockene Jagdkleidung. Ich versuche weg zu schauen, das misslingt mir aber völlig und ich kann ihr Lächeln nur zu genau deuten. Ich soll mich ebenfalls umziehen sagt sie, damit ich keine Erkältung bekomme. In mein Erdloch lege ich meinen Poncho aus Bw-Zeiten, baue mir eine Gwehrauflage und gehe so in Stellung, dass ich herannahendes Wild gut ansprechen -und gegebenfalls einen sicheren Schuss antragen kann. Ja, nun kommt mir die Bundeswehrzeit zu Gute. Der Grenadier und Hauptfeldwebel in Aktion...Die Nebel werden von der Sonne aufgesogen und uns bietet sich ein herrliches Landschaftspanorama. Nach ca. 1 Stunde kommt eine Elchkuh mit einem Kalb angewechselt, Sestrid deutet mir an diese vorbei ziehen zu lassen, und nach weiteren 15 Minuten schiebt sich auf ca. 100 Metern ein riesiger Elchbulle durch das Geäst. Nun kommt meine Person ins Spiel. Ich lege die M 03 auf meine Brüstung, schalte den Leuchtpunkt des Zeiss an und ändere die Einstellung auf 8-fache Vergrößerung. Der Bulle steht aber nicht quer zu mir und so warte ich mit dem Einstechen der Waffe. Nun endlich setzt er sich in Bewegung, der Wind steht günstig und nach ca. 10 Metern steche ich die Waffe ein und schicke dem Bullen die 9,3 entgegen. Der Elch reagiert darauf aber gar nicht, schreitet mit weiten Schritten Richtung Waldrand um kurz davor schwankend umzufallen. Zufrieden mit dem Ergebnis gratuliert mir Sestrid. Über Funk telefoniert sie in schwedischer Sprache mit irgend jemanden, wir begeben uns zu dem Elch und ich bin überglücklich, so einen kapitalen Bullen gestreckt zu haben. Erschöpft setze ich mich auf den Rucksack und lasse alles noch einmal Revue passieren. Das Anwechseln des Elches, die Drehung und der Schuss¨¨, bis mich die Wikingerin mit dem Satz " Soll ich die Arbeit allein machen ? " in die Wirklichkeit zurück holt. Natürlich nicht, sage ich und beginne den Elch aufzubrechen. Nach ca. 2 Stunden kommt ein Quad und zieht den Elch Richtung Fluss. Wir machen uns auf den Rückweg zur Hütte und erreichen diese am frühen Nachmittag. Die Wikingerin macht den Kamin und den Herd wieder an, auch die Petromaxlampe sorgt für Helligkeit und Wärme. Sestrid sagt mir, dass sie noch einmal zum Transportfahrzeug zurück geht um Proviant zu holen, sie wirft mir ein Stück Kernseife zu uns sagt " Wasch dich im Bergsee, du stinkst " . So, nun habe ich mein Fett aber weg. Ich habe eh vor mich zu waschen und brauche ihre Ratschläge nicht sage ich ihr. Der Bergsee ist kalt und nach dem ich mich abgeseift habe tauche ich unter, springe aus dem Wasser um in langen Sätzen die wärmende Hütte zu erreichen. Hier schlage ich mir vor dem Kamin die Felle um den Körper und schlafe ein.
Teil 8 lesen Sie morgen - Schauen Sie rein