KASSEL. Eine 30 Jahre alte Frau aus Bulgarien ist mit der Aussicht auf einen Job als Putzfrau oder Kellnerin nach Deutschland gelockt worden. Hier erwartete sie allerdings ein ganz anderes Betätigungsfeld: Sie sollte als Prostituierte arbeiten.
Die Bulgarin erhebt schwere Vorwürfe gegen einen 44 Jahre alten Landsmann und seine 32 Jahre alte Lebensgefährtin. Wie die 30-Jährige mit Hilfe eines Dolmetschers gegenüber den Beamten des zuständigen Kommissariats K 12 aussagte, sei sie in Bulgarien arbeitslos gewesen. Auf der Suche nach einem Job sei sie in ihrem Heimatdorf angesprochen worden, man könne ihr in Deutschland einen Job als Putzfrau oder Kellnerin beschaffen. Als sie Interesse zeigte, wurde ihren Angaben zufolge ein Transport nach Deutschland organisiert, bei dem noch zwei weitere Frauen und auch zwei Männer mitgefahren seien. Der Transport nach Deutschland sei mit einem weißen Kleinbus erfolgt, den Ermittlungen des K 12 zufolge dürfte es sich dabei um einen weißen Ford Galaxy gehandelt haben. In einem Haus nahe dem Platz der Deutschen Einheit in Kassel habe man der jungen Frau ein Zimmer zugewiesen und ihr gesagt, dass sie Freier zu empfangen habe. Mit diesem Geld sollten zunächst die "Reisekosten" abgearbeitet werden. Als sie dort nicht klar kam, wurde sie vermutlich "gegen Kostenerstattung" an das Pärchen "weiterverkauft".
Nach Friseurbesuch abgehauen
Einen Friseurbesuch am späten Montagvormittag in der Kasseler Innenstadt nutzte die 30-Jährige dann zur Flucht. Sie war zunächst mit dem Pärchen unterwegs gewesen. Als sich der Mann verabschiedete, um noch weitere Wege in der Stadt zu erledigen, flüchtete die 30-Jährige in ein nahe gelegenes Geschäft. Nach ersten Ermittlungen wurde sie von der 32-Jährigen verfolgt und ins Gesicht geschlagen. Auf die Auseinandersetzung wurde eine Zeugin aufmerksam, die sofort die Polizei verständigte. Eine Funkwagenbesatzung des Reviers Kassel-Ost entdeckte dann die verängstigte und kein Deutsch sprechende Frau in einer Ecke des Ladens und nahm sie zunächst in ihre Obhut. Die weiteren Ermittlungen erfolgten anschließend durch das K 12.
Pärchen festgenommen
Im Zuge dieser Ermittlungen konnten am Dienstag in einem Haus an der Leipziger Straße in Kassel der 44 Jahre alter bulgarischer Staatsangehöriger und seine 32-jährige Lebensgefährtin durch Beamte des Kriminalkommissariats K 12 und des Polizeireviers Ost festgenommen werden. Sie wurden zunächst ins Polizeigewahrsam eingeliefert. Die Personen stehen im Verdacht, von einem bislang unbekannten Bulgaren die Geschädigte "gekauft" und dann gegen deren Willen zur Ausübung der Prostitution gezwungen zu haben. In ihren Vernehmungen bestritten beide alle gegen sie erhobenen Vorwürfe.
Die Kasseler Staatsanwaltschaft stellte Anträge auf Erlass von Untersuchungshaftbefehlen gegen beide Beschuldigten. Sie wurden am Mittwoch dem Haftrichter beim Amtsgericht in Kassel vorgeführt. Dieser erließ U-Haftbefehle mit dem Haftgrund Fluchtgefahr. Die Ermittlungen wegen Verdachts des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Zuhälterei, der Freiheitsberaubung und der Körperverletzung dauern an.