Symposium: Rettungsdienst soll noch besser werden

Dienstag, 24. Januar 2012 17:16 geschrieben von  Migration

MARBURG. Am Wochenende haben rund 300 Rettungsassistenten und Notärzte am 11. Mittelhessischen Rettungsdienstsymposium in der Marburger Uni-Klinik teilgenommen. Bei der landkreisübergreifenden Fortbildung, die im jährlichen Wechsel mit Gießen stattfindet, standen aktuelle Themen aus Theorie und Praxis rund um das rettungsdienstliche und notfallmedizinische Umfeld auf dem Programm.

„Der Rettungsdienst ist eine unserer sensibelsten Aufgaben“, stellte Landrat Robert Fischbach klar. In den beiden Landkreisen würden jährlich rund 70.000 Einsätze gefahren – also fast 200 pro Tag. „Daher ist die Qualität ein hohes Gut. Und wir haben mittlerweile in Mittelhessen einen Qualitätsstandard erreicht, der bundesweit als Leuchtturm gesehen wird“, so der Landrat.

Für seine Amtskollegin aus dem Landkreis Gießen, Anita Schneider, steht fest: „Die elfte Auflage des Symposiums bedeutet eine hohe Kontinuität – und auch in dieser steckt Qualität.“ Besonders erfreut sei sie, dass auch bei überregionalen Einsätzen, wie etwa der kürzlichen Unfallserie auf der A5, „wir nicht am Rande unserer Kapazitätsmöglichkeiten angekommen waren.“ Und das sei gut so, denn in der Region Mittelhessen verließen sich gut 500.000 Menschen auf den Einsatz der Rettungskräfte.

Während der zweitägigen Fortbildung fanden am Freitagnachmittag praxisnahe Workshops statt. Die Teilnehmer konnten notfallmedizinische Techniken direkt am Simulator üben. „Das Simulatortraining ist heute aus der notfallmedizinischen Aus- und Fortbildung nicht mehr wegzudenken“, erklärte Dr. Erich Wranze-Bielefeld, der als Ärztlicher Leiter für den Rettungsdienst im Landkreis Marburg-Biedenkopf verantwortlich zeichnet. Am Simulator könnten die Mitarbeiter Notfallsituationen und Komplikationen unter kontrollierten Bedingungen üben und deren Beherrschung trainieren.

Ein weiterer Workshop beschäftigte sich mit dem Thema „Thorakale Sonografie in der Notfallmedizin“, also mit dem Einsatz eines Ultraschallgeräts, um Verletzungen und Erkrankungen am Brustkorb zu erkennen. Ebenfalls praktisch wurde die Dekontamination von Personal geübt, das mit hoch ansteckenden Erregern, zum Beispiel gefährliche Viren oder Bakterien in Kontakt gekommen ist.

Das Verhalten bei Konflikteinsatzlagen konnten die Rettungsassistenten und Notärzte unter Anleitung eines erfahrenen Polizisten lernen. Mit dem Thema Digitalfunk setzten sich die Teilnehmer ebenfalls auseinander.

Der Samstag stand im Zeichen der Theorie: Verschiedene Vorträge näherten sich dem Thema „Qualität im Rettungsdienst“ aus verschiedenen Richtungen an. Vom messbaren Ergebnis der Strukturqualität bis zum Sinngehalt der rettungsdienstlichen Tätigkeit, vom Spannungsfeld Rettungsdienst und Medien und vom messbaren Reanimationsergebnis bis zur erfolgreichen Schmerzbekämpfung.

Gerade diese stehe für die Patienten im Mittelpunkt, meinte Dr. Erich Wranze-Bielefeld: „Für den Patienten steht unsere Technik erst einmal im Hintergrund. Für ihn zählt: Habe ich Schmerzen und hilft mir jemand, diese zu lindern“, erläutert er. Daher habe man ein Projekt gestartet, Schmerzen schon durch Rettungsdienstpersonal zu bekämpfen, bevor ein Notarzt vor Ort sei. „Es ist medizinisch nicht zumutbar, dass ein gut ausgebildeter Rettungsassistent neben einem Patienten steht, der vor Schmerzen schreit und sagen muss, man müsse erst auf den Notarzt warten.“

Auch die Verbesserung der Qualität der Reanimationsergebnisse sei ein Schwerpunkt. Zwar nehme Deutschland einen weltweiten Spitzenplatz ein, aber es könne noch besser werden. Dr. Simon Little, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes Gießen, fügte hinzu, dass man „ganz pragmatisch, ganz nah am Fall und ganz nah am Patienten“ diskutiere. „Und dabei ist es gut, dass man erst über das Wichtige und dann über Geld redet“, sagte er.

Bei der innovativen Patientenversorgung schaue man aber auch über den Tellerrand heraus und schaue, „was denn die anderen machen.“ Für Dr. Clemens Kill, den Leiter des Zentrums für Notfallmedizin am Standort Marburg des Uni-Klinikums, steht fest: „Das Wort Qualität zieht sich wie ein roter Faden durch das Symposium.“ Vom Einsatz des Rettungsdienst über den Klinik-Aufenthalt bis hin zur Entlassung des Patienten handele es sich um „eine Aneinanderkettung von Prozessen. Und der schlechteste Prozess knockt das ganze System aus.“ Daher müsse die Qualität an jeder Stelle der „wahnsinnig komplexen Kette“ stimmen – für ein optimales Ergebnis. Seine Forderung: Netzwerke bilden, um das Gesamtsystem zu analysieren – „und das ist einer der ganz tollen Punkte des Symposiums hier: Es geht nicht um eine Einzelleistung, sondern um die gesamte Struktur.“ (as)

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