Autos für 300.000 Euro geklaut und verschoben: Festnahme

Freitag, 28. Februar 2014 19:14 geschrieben von  Migration

KREIS PADERBORN. Acht Monate setzte die Paderborner Polizei eine Ermittlungskommission ein, um einer spanisch-russischen Bande von Autodieben und Hehlern auf die Schliche zu kommen. Der Drahtzieher, ein in Borchen wohnender Ukrainer (41), sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. Fünf mutmaßliche Komplizen sind identifiziert.

Die Bande hatte es ausschließlich auf hochwertige BMW-Modelle abgesehen. Den Beutewert der in Spanien gestohlenen Fahrzeuge schätzt die Polizei auf rund 300.000 Euro. Zwei Autos konnten bislang sichergestellt werden.

Eine anonyme Mitteilung setzte Mitte Mai 2013 den Startschuss für die Monate dauernden Ermittlungen. Teils in russisch, teils auf deutsch beschrieb der bis heute unbekannte Verfasser die kriminellen Machenschaften einer Bande, die von Borchen aus mit gestohlenen Nobelkarossen handeln sollte. Die Fahrzeuge, so die Informationen, stammten aus Spanien, wurden dort "umfrisiert" und dann offiziell über ein bekanntes Internetportal vertrieben oder nach Osteuropa verschoben. Weder bei der Polizei in Paderborn noch irgendwo anders im Bundesgebiet lagen Erkenntnisse über diesen Autodealer-Ring vor.

Sonderkommission gegründet
Die Paderborner Kriminalbeamten versuchten konkrete Hinweise aus Spanien zu gewinnen, denn dort sollten die Tatorte zwischen den Gebieten Alicante und Murcia liegen. Relativ schnell fanden sie heraus, dass es dort auffällig oft zu Diebstählen von Fahrzeugen der Marken BMW und Audi kam. Von den spanischen Behörden war aber kaum mehr zu erfahren. Nachdem erste Ermittlungen in Deutschland die anonymen Angaben bestätigt hatten, gründete die Paderborner Polizei eine Ermittlungskommission, um der Bande auf die Schliche zu kommen. In der "EK Alicante" arbeiteten bis zu sieben Polizistinnen und Polizisten.

BMW mit PB-Kennzeichen flüchtet bei Razzia in Spanien
Der Verbindungsbeamte des BKA in Madrid stellte den Kontakt mit den zuständigen spanischen Polizeibehörden her. Zwei Kriminalbeamte flogen nach Alicante, um direkt vor Ort an der spanischen Mittelmeerküste die Zusammenarbeit mit den spanischen Ermittlern aufzunehmen. Diese waren den Autodieben bereits auf der Spur und hatten bei ihren Ermittlungen in Murcia eine Werkstatt enttarnt, in der vermutlich die gestohlenen Autos umfrisiert wurden. Eine Razzia verlief allerdings nicht wie geplant. Die spanischen Polizisten berichteten von einem BMW mit Paderborner Kennzeichen, der bei dem Zugriff vom Werkstattgelände geflüchtet war. Dieser Wagen war auf den in Borchen wohnenden Mann zugelassen, den der anonyme Hinweisgeber benannt hatte.

Mit diesen und weiteren Erkenntnissen kam die Abordnung der Paderborner Polizei wieder zurück und ermittelte in Paderborn weiter. Die Beamten bekamen heraus, dass der Borchener, ein 41-jähriger Ukrainer, Ende Mai 2013 nach Alicante geflogen war und mit einem gestohlenen Wagen zurückkehrte. Der BMW X1 wurde später über mobile.de zum Verkauf angeboten. Eingestellt hatte das Inserat ein 19-jähriger Verwandter des Borcheners.

Bei Verkaufsverhandlungen schlugen die Ermittler in Paderborn erstmalig zu. Dabei stellte sich heraus, das der Wagen auf einen Mann (31) aus Salzkotten-Oberntudorf zugelassen war. Der BMW war umfrisiert und lief als sogenannte Dublette. Das Auto war in Murcia gestohlen und mit den Daten sowie der Zulassung eines anderen in Spanien laufenden BMW versehen worden. Den Wagen stellte die Polizei sicher. Gegen die beteiligten Personen lag allerdings noch nicht ausreichend Beweismaterial für eine Festnahme vor.

Papiere verschrotteter Unfallwagen für geklaute Autos genutzt
Die Paderborner Kriminalbeamten blieben hartnäckig am Ball. Sie legten weitere Strukturen der Bande offen und identifizierten weitere mutmaßliche Tatbeteiligte. Dabei kam heraus, dass auch der Borchener Daten und Zulassungen für gestohlene Autos beschaffte, indem er identische Fahrzeuge mit Totalschäden ankaufte, diese verschrotten ließ und nun die Papiere für die Dublette nutzte.

Ende November 2013 hatten die Ermittler Beweise gegen acht Tatverdächtige zusammengetragen und über die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchungsaktion beantragt. Bei der Razzia waren 30 Polizisten eingesetzt, die gleichzeitig in acht Objekten im Kreis Paderborn zugriffen. Noch unmittelbar vor seiner Festnahme versuchte der 41-jährige Borchener Beweismittel zu vernichten. Das konnten die Fahnder verhindern und belastende Unterlagen sicherstellen. Zeugen erkannten den Tatverdächtigen identifizieren, sodass jetzt ein Haftbefehl beantragt wurde. Das Gericht schickte den Mann in Untersuchungshaft.

Alle anderen mutmaßlichen Tatbeteiligten aus Hövelhof, Tudorf, Sennelager, Schloss Neuhaus und Elsen blieben auf freien Fuß. Auf einige waren gestohlene Fahrzeuge zugelassen. Mindestens einer war auch als Fahrzeugkurier eingesetzt, um Beutefahrzeuge ins Ausland zu überführen. Alle Tatverdächtige waren bislang nicht polizeilich in Erscheinung getreten.

Weitere Ermittlungen in Polen, Frankreich und Spanien
Während der weiteren Ermittlungen wurde ein anderer gestohlener und nach Dessau verkaufter BMW sichergestellt. Derzeit laufen noch Ermittlungen in Polen, Frankreich und Spanien nach mutmaßlichen Beutefahrzeugen der Bande. Aufgrund der hier beschlagnahmten Beweismittel lieferten die Paderborner Ermittler ihren spanischen Kollegen ausreichend Hinweise, die zur Identifizierung von Tatverdächtigen in Spanien führten. Die Ermittlungen in Alicante und Murcia laufen noch. Laut Information der EK-Alicante soll die Bande im Ermittlungszeitraum mindestens acht Autos im Wert von etwa 300.000 Euro umgesetzt haben. Die Ermittlungskommission wurde in dieser Woche aufgelöst. Sämtliche Akten und Asservate liegen nunmehr der Paderborner Staatsanwaltschaft zur Prüfung vor.

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