Menschen hinter den Kulissen - Mark und Moritz: Quereinsteiger in die Kameradschaft

Donnerstag, 21. Mai 2020 21:18 geschrieben von  Migration
Moritz Eigner und Mark Stremmel (von links) sind nicht nur von der Kameradschaft in der Bad Berleburger Feuerwehr beeindruckt. Diese gaben sie beim Pressetermin direkt auch an mich weiter. Moritz Eigner und Mark Stremmel (von links) sind nicht nur von der Kameradschaft in der Bad Berleburger Feuerwehr beeindruckt. Diese gaben sie beim Pressetermin direkt auch an mich weiter. Fotos: Matthias Böhl, 112-Magazin

BAD BERLEBURG. „Es war eine gute Kameradschaft von Anfang und man wurde einfach super aufgenommen“, ist Mark Stremmel voll des Lobes. Er berichtet mir von seinen ersten Gehversuchen im Löschzug der Bad Berleburger Feuerwehr. Heute - das ist nur etwas weniger als ein Jahr später - zeigen er und sein Kamerad Moritz Eigner mir, was damit gemeint ist. Beide jungen Feuerwehrleute kenne ich bisher nicht. Und als ich mich mit ihnen zum Termin treffe, da ist das für mich einfach so, als würden wir uns schon immer kennen. „Man wird in der Runde nach dem Dienstabend nicht einfach sitzen gelassen, man kommt einfach mit jedem ins Gespräch. Niemand sieht einen hier von der Seite an nach dem Motto: Was will der denn hier?“, schildert Mark mir seine Eindrücke, die er hier von Anfang an erlebt hat. Und viele seiner heutigen Kameraden kannte der Bad Berleburger damals nicht. Ein bisschen empfinde ich es heute auch so, wie Mark damals. Denn obwohl ich die beiden Feuerwehrmänner nicht kenne, haben sie mich sehr herzlich empfangen. Mit Handschlag. Mit Lächeln und mit großer Geduld, all meine Fragen zu ihrem Werdegang zu beantworten. Der nämlich war bei den beiden nicht so, wie eigentlich in den meisten Fällen engagierter Feuerwehrleute. Mark und Moritz sind ganz aus freien Stücken in die Feuerwehr eingetreten. Nicht, wie viele ihrer Kameraden über die Jugendfeuerwehr. Sondern mitten aus dem Leben als junge Erwachsene.

Ein Großbrand in der Nachbarschaft war der letzte Impuls

Wie war das denn? Warum ist Mark Stremmel im Juni 2019 mit 33 Jahren in die Bad Berleburger Feuerwehr eingetreten? Ganz, ganz früher – vor mehr als 20 Jahren hatte er schon mal einen kurzen Versuch unternommen. Damals in der Jugendfeuerwehr Aue- Wingeshausen, der Ortschaft in der der Familienvater seine Kindertage verbracht hat. Aber eine Verbindung zu seinem jetzigen Eintritt in den Löschzug aus dieser Zeit gibt es nicht mehr. Vielmehr war einer der Hauptauslöser einer seiner heutigen Kameraden: „Wir haben hier in der Stadt ein Haus gekauft. Mein Kamerad Markus Crusius ist dort mein Nachbar“, erzählt Mark. Selbst aktiver Feuerwehrmann im Löschzug und sehr daran interessiert, dass die Einsatzkräfte Verstärkung bekommen. „Komm vorbei. Komm, mach mit! , hat Markus mir immer wieder ans Herz gelegt“, berichtet Mark. „Er war schon ein treibender Keil“, lacht er. Aber der letzte Anstoß, der habe doch immer noch gefehlt. „Der kam dann im Mai letzten Jahres. Da brannte der Westfälische Hof“, erinnert sich Mark. Der Westfälische Hof war in Bad Berleburg einst ein sehr gutes und bekanntes Traditionshotel und später ein Massagecenter. Im Mai wurde das Gebäude ein Raub der Flammen. „Das konnte ich von unserem Haus aus sehen. Wir wohnen genau oberhalb am Berg“, berichtet er. „Und das war dann der Punkt, an dem ich mich entschieden habe, endgültig bei der Feuerwehr mitzumachen“, berichtet Mark. „Direkt den Donnerstag danach war ich da“, erinnert sich der hauptberufliche Werkzeugmechaniker. An jenem Dienstabend waren die Kameraden damit beschäftigt, ihre Materialien nach dem Großbrand zu reinigen und in Ordnung zu bringen. Also eine Aufgabe, die sicher nicht zu den Traumaufgaben eines Feuerwehrmannes an seinem allerersten Dienstabend gehört. „Ich bin direkt da geblieben und habe mitgemacht“, erinnert sich Mark. Da war es passiert: Der junge Mann war Feuerwehrmann. Mit Leib und Seele, seine Passion und die unvergleichbare Kameradschaft hatte er hier gefunden. Fortan war Mark bei fast allen Dienstabenden dabei, wurde mit Material ausgestattet, erhielt einen Funkmeldeempfänger, und: „Ich durfte mit zu Einsätzen fahren“. Das war etwas Neues für den Quereinsteiger. „Die Pumpe geht schneller, wenn der Pieper geht. Nachts noch schneller“, gibt er zu. Aber mittlerweile gehe es besser. Auch weil er weiß: „Es ist hier von der Führung super getaktet und man weiß dann genau, was man zu tun hat. Man wird nie alleine gelassen“. Mark strahlt. Er freut sich über die großartige Unterstützung seiner Kameraden.

Der Feuerwehrmann-Anwärter hat das Ziel, Maschinist zu werden und Atemschutzgeräteträger. Besonders interessiert ihn der Einsatz auf der Drehleiter.

"Man kann jederzeit hier her kommen - es wird belohnt" (Mark Stremmel, Feuerwehrmann in Bad Berleburg)

Etwas nachdenklich wird Mark, als ich ihn frage, ob er sich Einsatzsituationen vorstellen kann, vor denen er Angst hat. „Das sind Einsätze, bei denen ich Bekannten begegne, die in eine Notsituation geraten sind“. Da muss er nicht lange überlegen. Vor den Gefahren, die es dort geben könnte, hat er weniger Angst, denn er weiß: „Man kann sich hier auf das Wissen und die Anweisungen der Führung verlassen“. Seit Mark in der Feuerwehr ist, hat er übrigens einen heißen Verehrer, der es kaum abwarten kann, ihm zu folgen und in der Jugendfeuerwehr anzufangen: Sein Sohn Max, acht Jahre alt. „Papa, ich will auf jeden Fall zur Feuerwehr!“, bekommt Mark sehr oft von seinem Jungen zu hören. „Auch meine Tochter ist sehr beeindruckt von der Arbeit der Feuerwehr. Aber ob sie auch dort mitmachen möchte, weiß ich nicht“, lacht Mark. Und wie ist das mit der Unterstützung der Ehefrau bei seiner neuen Tätigkeit? „Das ist super und gar kein Problem“, freut er sich. „Meine Frau hat sofort und immer wieder gesagt: Klar, mach das“, ist er begeistert.

Dem engagierten Helfer ist zum Schluss unseres Gespräches eine Botschaft wichtig: „Es geht auch in meinem Alter ohne Vorbereitung in die Feuerwehr einzutreten. Man kann sich jederzeit trauen, hier her zu kommen. Es wird belohnt“.

Bauingenieur als Hilfe für seine Kameraden

Neben mir sitzt Moritz. Er wirkt ein wenig aufgeregt. Das muss er gar nicht sein. Denn ebenso wie Mark, macht er einen super Job in der Feuerwehr. „Ich bin 19“, antwortet er mir, als ich ihn nach seinem Alter frage. Er ist nun schon seit über einem Jahr in der Feuerwehr, geht noch zur Schule. „Ich mache Abitur und danach studiere ich. Ich möchte Bauingenieur werden“, verrät er mir. Sein Traum ist es, seine Kameraden dann auch in Einsatzfragen unterstützen zu können: „In welche Richtung könnte ein Gebäude einstürzen? Sind es tragende Balken, und wie werden sie beansprucht?“, diese Fragen würde er gerne für seine Kameraden klären.

Von der Kneipe in die Feuerwehr

Auch Moritz ist Quereinsteiger. Hatte noch nichts mit der Feuerwehr zu tun. Der Besuch einer privaten Feier änderte dies. „Wir waren anschließend noch in einer Kneipe und ich saß bei einem Maschinisten hier aus dem Zug am Tisch. Da kamen wir mal kurz über die Feuerwehr ins Gespräch“, erinnert sich Moritz an die Anfänge. „Dann war das so interessant für mich, dass die Feuerwehr den ganzen Abend unser Thema war“, berichtet er weiter. Da war der Funke auf Moritz übergesprungen. Nur einen Tag nach dem Kneipenbesuch knüpfte er sofort Kontakt zu einem Feuerwehrmann, den er bereits aus Schulzeiten kannte. „Ich habe mir sofort die formellen Dinge klären lassen“, erzählt Moritz. Und schon am nächsten Donnerstag war er zum ersten Mal beim Dienstabend im Feuerwehrhaus. „Was kann man denn sonst an einem Donnerstagabend machen?“, fragt er mich. Nach wenigen Besuchen stand für ihn fest: „Ich bleibe hier!“ Und auch für Moritz hatte der Brand des Westfälischen Hofes im Mai eine besondere Bedeutung: „Das war mein erster Einsatz in der Feuerwehr“, erklärt er. Direkt zu Beginn dieses Einsatzes wurde er gefordert: „Auf dem Weg zum Gerätehaus musste ich an der Brandstelle vorbei fahren. Aber da war alles blockiert mit Autos, die einfach angehalten haben. Ich kam nicht mehr weiter“, erzählt er. Er habe gehupt und aus dem Fenster gerufen: „Hier ist ein Feuerwehrmann, der muss durch“. Moritz berichtet mir: „Das musst Du Dir vorstellen. Die Einsatzfahrzeuge kommen gleich und man kommt nicht durch, weil die Leute einfach anhalten und gucken“. Irgendwie schaffte er es dann schließlich doch, zum Gerätehaus zu kommen und mit einem der Löschfahrzeuge auszurücken. Wie denn seine Eindrücke auf dem Weg zu diesem Einsatzort dann waren, möchte ich wissen. „Ich kannte meinen Truppführer ganz gut und auf ihn habe ich vertraut. Es wurden genaue Anweisungen vor Ort gegeben und das war genau so, wie ich es mir gewünscht habe. Viele Dinge konnte ich ja noch gar nicht wissen“, berichtet er mir. „An der Einsatzstelle hat alles sehr gut funktioniert“, ist er begeistert. Nach dem Ende dieses Einsatzes war der Tag für Moritz aber noch lange nicht vorbei: „An dem Abend war ich noch bei einem Feuerwehrlehrgang und so um kurz vor elf war ich dann erst wieder zu Hause“, erinnert er sich. Am nächsten Morgen musste Moritz früh raus. Schule. In Siegen. Eine Stunde mit dem Auto musste er fahren. „Das war alles kein Problem. Ich war nicht erschöpft, ich hatte ja vorher super Hilfe vor Ort“.

Für Moritz ist es die Abwechslung, die den Reiz an der Feuerwehrarbeit ausmacht. Er ist fasziniert darüber, „eine Gemeinschaft zu bilden und anderen zu helfen“. Und: „Es ist mir wichtig, dass die Feuerwehr Präsenz zeigt, in der Öffentlichkeit gesehen wird und auch Wertschätzung erfährt“, schließt Moritz das Gespräch ab, bevor wir nach draußen gehen, um Fotos zu machen.

Ich bin mir sehr sicher, dass es Dank so engagierter Menschen wie Mark und Moritz dazu kommt, dass die Wünsche von Moritz hinsichtlich der Feuerwehr erfüllt werden. Denn seine spannende Geschichte wird in der Öffentlichkeit gelesen, seine Einsatzeindrücke und die tolle Einstellung und das Engagement der beiden Quereinsteiger werden ganz sicher Wertschätzung erfahren. Menschen wie diese beiden werden die Feuerwehr nach vorne bringen und sie reicher machen.

Gelebte Kameradschaft auch für die Berichterstatter

Zum Thema Kameradschaft: Da die beiden noch keinen Lkw-Führerschein besitzen, konnte kein Löschfahrzeug zum Foto raus gefahren werden. Als Feuerwehrmann Jan Schenk von dem Termin hörte, bot er sofort und ganz aus eigenen Stücken an: „Wenn Ihr einen braucht, der Euch eben ein Auto für den Fototermin raus fährt, dann meldet Euch. Ich mache das sofort“.

Zum Abschluss verabschieden wir uns. Wieder mit Handschlag. Rund zwei Stunden ihrer Freizeit habe ich den beiden Feuerwehrleuten für die Serie geraubt. Und das an einem Sonntag. „Echt super, dass die beiden das machen“, denke ich mir. Und was dann passiert, kann ich kaum glauben: Beide bedanken sich bei mir, dass ich den Bericht über sie verfassen möchte und sie gefragt habe, ob sie bei der Serie mitmachen. Das sitzt. Ich bin tief beeindruckt und verstehe ein wenig, wie sie sich bei der Aufnahme in die Feuerwehr gefühlt haben müssen.

Zuletzt bearbeitet am Freitag, 22. Mai 2020 08:24

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