Mit dem Hubschrauber Leben retten

Samstag, 22. August 2015 22:17 geschrieben von  Patrick Krause, Matthias Böhl

Unser Mitarbeiter Patrick Krause aus Bad Berleburg, selbst engagierter Feuerwehrmann und Sanitäter, hat in seinem Sommerurlaub in München die Station der DRF Luftrettung besucht. Er hat für uns einen Blick über den regionalen Tellerrand hinaus gewagt und zusammen mit der Hubschrauberbesatzung diese beeindruckende Reportage erarbeitet. (Matthias Böhl)

Überall wo Rettungshubschrauber auftauchen, sorgen sie für Aufsehen und scheinen etwas Außergewöhnliches zu sein. Ihr Einsatz ist spektakulär, wird von vielen Menschen mit etwas besonders Schlimmem verbunden. Wir waren bei der DRF Luftrettung in München zu Gast und haben uns zeigen lassen, warum es die Luftrettung gibt und wie ein Einsatzalltag in der Luftrettung abläuft.

Der Alam ertönt: „ Achtung, Achtung! Einsatz für den Christoph München!“, Die wichtigsten Informationen für Pilot, Co-Pilot, Rettungsassistent und Notarzt kommen ebenfalls von der Leistelle München und werden direkt auf das Handy des Piloten gesendet. Der Hintergrund ist bei planbaren Patiententransporten zwischen Kliniken mit genügend zeitlichem Vorlauf kommen die Infos per Fax. Bei Notfalleinsätzen bleibt für ein Fax keine Zeit. München ist eine 24h-Station. Während tagsüber für gewöhnlich ein Pilot, ein Rettungsassistent und ein Notarzt an Bord sind, ist bei nächtlichen Einsätzen ein zusätzlicher Pilot mit an Bord.“ Jeder weiß, was jetzt zu tun ist. Trotz des Alarms läuft alles ganz ruhig ab. Der Co. Pilot programmiert per Computer, welcher in der kleinen Arbeitszentrale steht, über ein Satellitensystem ein internetgestütztes Programm im Hubschrauber. Der Rettungsassistent oder der Co. – Pilot gibt auf der Internetseite den genauen Einsatzort ein, per Satellit bekommt der Pilot, die eingegebenen Informationen in den Hubschrauber. Die Rettungsassistenten der DRF Luftrettung besitzen eine Zusatzqualifikation, die es ihnen erlaubt, neben den Notarzt auch den Piloten bei der Navigation – u.a. bei der Landung - und der Luftraumbeobachtung zu unterstützen.“ Wenige Klicks später und der Weg ist im „Navi“ des Hubschraubers angekommen. Parallel zur Eingabe des Einsatzortes startet der Pilot schon die Turbinen. Nun liegt ein Geruch von Kerosin in der Luft, die Rotorblätter drehen sich mit fast voller Geschwindigkeit – für den Betrachter oftmals ein Moment der Gänsehaut. Der Notarzt zieht kurz vor dem Take off, dem Start des Hubschraubers, schnell noch die externe Batterie von der Maschine ab. Co. Pilot oder Rettungsassistent machen mit dem Pilot den letzten Check und weniger als 120 Sekunden nach der Alarmierung ist „Christoph München“ von seiner Heimatstation am Klinikum Großhadern abgehoben. Der Rettungsassistent informiert seine Kollegen über die Art des Einsatzes und teilt die genaue Einsatzadresse mit. Dieses Mal geht es an den Münchener Flughafen. Das Einsatzstichwort klingt für alle Beteiligten dramatisch. – Säuglingsreanimation -, nun zählt jede Sekunde. Es ist still in der Maschine. Alles hart gesottene an den Männern ist plötzlich weg. Sie dürfen sich nun nicht zu viele Gedanken machen, - einhundertprozentige Leistung ist von allen Beteiligten gefragt.

„Kindernotfälle belastet uns alle sehr, erst selbst wenn wir auch kleine Kinder haben, die zu Hause auf uns warten“, schildert Dietmar Gehr, Stationsleiter und Pilot von Christoph München. Pilot Gehr steuert den Hubschrauber, den sie liebevoll ihren „Vogel“ nennen, mit voller Geschwindigkeit in Richtung Theresienwiese. In München kommt die neue H 145 zum Einsatz. Die DRF Luftrettung war die erste Luftrettungsorganisation weltweit, die diesen Hubschrauber-Typ der neuesten Generation eingesetzt hat Knapp über den Häusern der Bayernmetropole sind sie unterwegs, um Leben zu retten. Unterdessen haben Feuerwehr und Polizei bereits die Straße gesperrt. Auf der „Wiesn“ steigt der Kindernotarzt, welcher von der Berufsfeuerwehr München kommt zu. Der Kindernotarzt fährt immer mit raus, wenn Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren einen Notarzt brauchen. Der Hubschrauber ist grade erst gelandet, schon hebt er auch wieder ab. Nun geht es wieder mit rund 230 km/h Richtung Münchener Flughafen. Auch dort haben Polizei und Flughafenfeuerwehr bereits eine Straßenkreuzung zwischen den beiden Terminals 1 und 2 gesperrt, wo Dietmar Gehr seinen        „H 145“ und seine Crew nun sanft absetzt. Der Tower des Flughafens war den Rettern aus der Luft während des Einfluges behilflich. Direkt nach dem Touch Down, der Landung, eilte die medizinische Besatzung zum Einsatzort, wo ihre Hilfe so dringend benötigt und sie so sehnsüchtig erwartet wurden. Eine Besatzung eines Rettungswagen und eines Notarztwagen kämpften bereits um das Leben des kleinen Erdenbürgers. Nach einiger Zeit konnten die Männer und Frauen ein erstes Mal aufatmen: Das Team hatte es geschafft. Das Baby hatte wieder einen stabilen Kreislauf, dass es mit dem Hubschrauber in eine Klinik geflogen werden konnten.

Pilot Dietmar Gehr und sein Co - Pilot Marco Ruschel blieben währenddessen am Hubschrauber. Notarzt Dr. Roland Tomasi, Rettungsassistentin Marian Mangelsdorf, der Kindernotarzt, die RTW und NAW-Besatzungen – sie alle hatten geholfen, das noch so junge Kind zurück ins Leben zu holen. Nun bringen sie ihren kleinen Schützling zum Hubschrauber, der mitten auf der Kreuzung wartet. Der Flug in die Klinik verlief sicher, schnell, schonend und ohne Zwischenfälle. Während des Hubschraubereinsatzes kam es zu erheblichen Behinderungen des Straßenverkehrs am Flughafen. Der Flugverkehr wurde nicht beeinträchtigt. Das Notarzt – Team entschied, das Kind in die Kinderklinik am Goetheplatz zu fliegen. Wiederum musste eine Hauptverkehrskreuzung unter starkem Verkehrseinfluss gesperrt werden. Dann stand die Verkehrsader still – Jetzt hatte Christoph München mit seinem Team absoluten Vorrang. Der erfahrende Pilot Gehr landete den Intensivtransporthubschrauber mitten auf der Fahrbahn. Straßenlaternen, Hausdächer, Autofahrer und Passanten – all das macht dem Profi im Cockpit nichts aus, er hält zu allen sicheren Abstand. Volle Konzentration auf den Einsatz. Souverän, routiniert, ruhig und sicher – schon seit vielen Jahrzehnten. Die Übergabe des kleinen Patienten an das Ärzte – Team im Kinderklinikum geschieht bei laufenden Turbinen. Nur wenige Minuten dauert das. Professionell und genau wie immer – trotz Innenstadtverkehr. Nach der Übergabe ging es noch mal kurz zur Theresienwiese, wo der Kindernotarzt abgesetzt wurde. Die Crew von Christoph München flog wieder zurück an die Station. Maschine einsatzklar machen, warten auf den nächsten Einsatz.

Die gute Nachricht erreichte Dietmar Gehr später: Das Kind hat den Einsatz überlebt!

Gehr bezeichnetet den Einsatz als etwas „außergewöhnliches“. Die Crew hat bei diesem Einsatz einmal mehr hohe Konzentration bei hohem Zeitdruck bewiesen und das bei einem Maximum an Sicherheit. Und wenn man dies alles unter einem hohen Druck komprimiert, dann hat man eine sehr gute Basis und Chance Leben sicher und optimal zu retten. „Dies ist unter anderem den vielen Trainingseinheiten zu verdanken“, macht Gehr deutlich. Dieses Mal war es ein „Notfalleinsatz“, bei dem der Pilot und das Rettungsteam direkt zur Notfallstelle fliegen. Die Hauptaufgabe von Christoph München sind allerdings so genannte „Intensivtransporte“, bei denen schwer kranke oder verletzte Menschen schonend in Spezialzentren transportiert werden. Auch über weitere Distanzen innerhalb kürzester Zeit. Pilot Dietmar Gehr macht deutlich, dass Intensivtransporthubschrauber aber auch genauso gut Notfalleinsätze übernehmen und auch Rettungshubschrauber immer wieder dringende Intensivtransporte durchführen .Die strikte Trennung gebe es nicht, so Gehr. „Unsere Statistik zeigt an das wir fast genauso viele Notfalleinsätze als auch Patiententransporte fliegen“, erklärt er.

Man kann die Hubschrauber der DRF Luftrettung mit einer fliegenden Intensivstation vergleichen. Im Hubschrauber kann man alle lebensrettenden Maßnahmen beginnen und die bereits begonnene Therapie weiter fortführen. Man kann dem Patienten im Hubschrauber ein Maximum der Versorgung bieten – genau so, wie auf einer Intensivstation. Um diese hohe Qualität bei Intensivtransporten aber auch bei der Notfallrettung aufrecht zu erhalten, ist die DRF Luftrettung als gemeinnützig tätige Organisation auf die Unterstützung von Spenden und Förderern angewiesen. Denn die Kosten der Luftrettung werden nicht vollständig von den Krankenkassen übernommen.“

Zuletzt bearbeitet am Sonntag, 23. August 2015 07:06

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